Von überirdischer Musik sang Christiane Karg im Schlusssatz von Mahlers vierter Symphonie – glockenhell, mit markanter Diktion und himmlisch strömenden Phrasen. Doch der Funke zwischen ihr und den Wiener Philharmonikern fehlte – vielleicht lag das auch an der effektvollen Platzierung der Sopranistin auf dem Orgelbalkon, was ein unmittelbares Mitatmen der Musiker verunmöglichte.

Es spricht für alle Beteiligten, dass man zwar nicht auseinander war – wirklich zusammen jedoch ebenso wenig. Daniel Harding organisierte das ganze Werk mit souveränem Gestaltungswillen und erkennbarem Mut zu Pointiertheit, zu schrillen Farben und schroffen Akzentuierungen, von denen sich vieles durchaus aus der Partitur und Mahlers detaillierten Intentionen ableiten ließ.

Zuviel oder Zuwenig

Dennoch war die Wirkung meist die eines Zuviel oder Zuwenig und die Klangbalance erstaunlich unausgewogen – da die Hörner viel zu laut, da die Solovioline allzu sehr hervortretend, und an vielen Stellen ein undurchhörbares Etwas. Zu viel des Richtigen ergab da leider oft das Gegenteil von schlüssig.

Obwohl die Musiker all ihre wunderbaren Qualitäten bündelten, war der Samstagnachmittag eine beeindruckende Demonstration der Notwendigkeit eines Dirigenten, der jenseits der erkennbaren Aufmerksamkeit für auffällige Details eine ordnende Hand für den Gesamtzusammenhang und den Zusammenklang mitbringt.

Zuvor war Jean Sibelius' vierte Symphonie klangschön, traurig und trist erklungen – sowie leider merkwürdig konturenlos und von ähnlich nichtssagender Intensität wie Hardings Mahler. (Daniel Ender, 23.9.2019)