Politiker mit Migrationshintergrund würden die Normalität unserer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft auch endlich ins Parlament bringen.

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Keine Migranten weit und breit in diesem Wahlkampf (der zum Glück bald ein Ende hat). Weder als Thema noch als potenzielle Wähler und auch nicht als wählbare Kandidatinnen. Zwar haben einige Parteien an vorderen Listenplätzen Menschen mit Migrationshintergrund, etwa die Grünen oder der Wandel, aber die Herkunft spielt – anders als in bisherigen Wahlkämpfen – keine wichtige Rolle, wichtiger sind ihre inhaltlichen Schwerpunkte. Und das ist gut so.

Die Zeiten, als man gezielt Kandidatinnen und Kandidaten in diversen migrantischen Communitys gesucht hat, damit diese dort Stimmen sammeln – etwa bei den Wiener Gemeinderatswahlen der Jahre 2010 und 2015 –, scheinen vorbei. Dass damals die ÖVP etwa Wahlplakate auch auf Türkisch druckte und die SPÖ eine Kandidatin mit Kopftuch plakatierte, ist vergessen. Das massive und gezielte Werben um die Stimmen der türkischstämmigen Wähler oder Menschen aus dem exjugoslawischen Raum hat sich zumindest für die Kandidatinnen kaum gelohnt – die Wenigsten konnten genug Vorzugsstimmen sammeln. Bis auf einen Simmeringer Bezirksrat, der 2015 für die FPÖ in den Wiener Gemeinderat einzog.

Rein repräsentative Politik, die nicht mit Inhalten gefüllt ist, hat wenig Sinn. Für einen konservativen Menschen, dessen Eltern aus der Türkei eingewandert sind, werden die Grünen trotz ihrer migrantischen Kandidatinnen nicht die richtige Wahl sein. Ein frisch eingebürgerter Serbe, der rechtsnationalistisch eingestellt ist, fühlt sich von der FPÖ in einigen Aspekten verstanden – auch dann, wenn die Partei keine serbischstämmigen Kandidaten aufstellt. Und dennoch brauchen wir viel mehr Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchtgeschichte in der eigen Biografie oder Familie, in allen politischen Lagern.

Insbesondere jene Parteien, die sich zu Diversität in der Gesellschaft bekennen, sollten diese auch in eigenen Reihen leben und sich öffnen. Die Wirkung einer Alma Zadić (Grüne) oder einer Nurten Yılmaz (SPÖ) ist nicht zu unterschätzen: Sie haben Vorbildwirkung und signalisieren, dass politische Partizipation auch in der aufstiegsfeindlichen österreichischen Gesellschaft möglich ist. Politikerinnen und Politiker mit Migrationshintergrund würden die Normalität unserer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft auch endlich ins Parlament und in die Gemeinderatssitzungen bringen. Zumindest ein bisschen. (Olivera Stajić, 24.9.2019)