Hätte es die versteckten Kameras auf Ibiza nicht gegeben, wäre Herbert Kickl heute noch Innenminister. Jener Herbert Kickl, der Sonntagabend im Live-TV gesagt hat, die rechtsextremen Identitären seien gar nicht rechtsextrem. Die Gruppierung, die im Visier der Extremismusbekämpfer steht, sei gar nicht extremistisch. Das sagte jener Politiker, der vor kurzem noch Dienst- und Weisungsgeber ebendieser Extremismusbekämpfer war.

Die Aussage könnte ein Skandal sein. Dass sie keiner ist, liegt daran, dass sie niemanden überrascht. Das wiederum führt uns vor Augen, wie scheinheilig die Debatte über die Identitären geführt wird. Seit Monaten geht es darum, welcher Freiheitliche mit welchen Identitären Kontakt hat, wer welche Postings teilt. Und nicht etwa darum, dass Partei und Bewegung dasselbe Gedankengut teilen. Sie sind ideologische Schwestern. Die einen bringen ihren völkischen Gedanken im Parlament ein, die anderen außerhalb. Die Identitären gehen auf die Straße, die Freiheitlichen in Ausschusssitzungen. Das ist ideologische Rollenteilung.

Für Herbert Kickl sind die rechtsextremen Identitären nicht extremistisch.
Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Geteilte Rollen spielen auch Norbert Hofer und Herbert Kickl. Kickl sagt, was viele denken, Hofer sagt, was die ÖVP hören will. Und die ÖVP nimmt es dankbar an. Sie kann vorgeben, gegen rechts aufzutreten, indem sie Kickl ablehnt und ein Identitären-Verbot fordert. Wer es aber ernst meint mit der Abgrenzung gegenüber rechtsaußen, der koaliert nicht mit der FPÖ. (Maria Sterkl, 23.9.2019)