Ein Unternehmer im Exil ruft zu Protesten gegen Präsident Sisi auf.

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Zum Champion der Sauberkeit und Demokratie taugt einer, der als Subunternehmer für die ägyptische Armee Millionen gemacht hat, nicht wirklich: Aber die auf Facebook geposteten Videos Mohamed Alis, eines 45-jährigen ägyptischen Geschäftsmanns im spanischen Exil, haben etwas in Bewegung gebracht.

In einer deftigen, volksnahen Sprache wettert er über Korruption, Verschwendung und Heuchelei im ägyptischen Staatsapparat und ruft zu Protesten gegen Präsident Abdelfattah al-Sisi auf. Und tatsächlich folgten ihm am Wochenende in mehreren Städten ein paar Hundert Menschen: nicht so sehr, weil sie Mohamed Ali persönlich vertrauen, sondern weil sie der Meinung sind, dass er recht hat.

In bisher 35 Videos unter dem Titel "Mohamed Alis Geheimnisse" spricht er darüber, was er als Bauunternehmer bei Luxusprojekten für die Armee, die unter Sisi immer reicher und mächtiger wird, gesehen und gehört hat. Die Korruptionsvorwürfe richten sich auch direkt gegen den Präsidenten – den "Zwerg", wie er ihn nennt – und dessen Familie. Dass er erst an die Öffentlichkeit trat, als man ihm Geld schuldig blieb (wie er behauptet), macht ihn politisch nicht gerade glaubwürdig. Das Video als Kommunikationsmittel lag ihm nahe: Er trat auch als Schauspieler in Erscheinung; mit einem Film über die Migration junger Ägypter übers Mittelmeer, den er auch selbst produzierte, gewann er heuer sogar einen Preis in Luxemburg.

Nationalistische Behauptung

Und seine Idee wurde aufgegriffen: Es folgte eine Flut von Regimekritik vonseiten anderer Videoposter, die meisten davon ehemalige Militärs. Das hat Spekulationen ausgelöst, dass es sich in Wahrheit um einen Machtkampf innerhalb des Regimes handeln könnte. Immer wieder kommt in den Videos auch der Vorwurf, Sisi arbeite Israel in die Hände. Wer nun meint, dahinter unbedingt die Muslimbrüder erkennen zu müssen: Diese Behauptung ist auch eine alte nationalistische.

Seit Jahren gab es keine Demonstrationen mehr in Ägypten, wo jede oppositionelle Regung als "Terrorismus" verfolgt wird. Mohamed Ali hat für nächsten Freitag zu Massenprotesten aufgerufen. Man wird sehen, wie viele Menschen Freiheit und Leben riskieren werden – abgesehen davon, dass jene, denen es wirtschaftlich gut genug geht, Sisis Sicherheitsstaat nach den chaotischen Jahren nach der Revolution 2011 durchaus auch zu schätzen wissen. (Gudrun Harrer, 23.9.2019)