Bundespräsident Alexander Van der Bellen lobte Uno-Generalsekretär António Guterres, den er zuvor gemeinsam mit Kanzlerin Brigitte Bierlein getroffen hatte.

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Das Thema Klimaschutz hat nach Einschätzung von Alexander Van der Bellen eine Dynamik bekommen, wie er sie noch vor Kurzem nicht für möglich gehalten hätte. Er habe noch nie erlebt, dass ein Thema derart dominant sei bei einer Tagung während der Generaldebatte der Uno, sagte der Bundespräsident am Montag in New York im Gespräch mit Vertretern österreichischer Medien. Noch vor fünf oder auch noch vor zwei Jahren wäre undenkbar gewesen, dass sich die Vereinten Nationen dem Klimawandel einmal mit solcher Intensität widmen würden.

Insbesondere sei dies UN-Generalsekretär António Guterres zuzuschreiben, einem Politiker, der im Laufe der Zeit erkannt habe, welches Tempo dem Klimaprozess innewohne. Van der Bellen betone dies deshalb, weil Guterres, wenn man zurückgehe in seiner Biografie, kein Grüner sei, sondern aus einer anderen Richtung komme.

Trump macht nicht mit, die USA schon

Als Gegenargument der Skeptiker höre er oft, das alles habe doch keinen Sinn, wenn die USA nicht mitmachten, fügte der ehemalige Grünen-Politiker hinzu. In seinen Augen sei dies ein ebenso vordergründiges wie desinformiertes Argument. Denn: "Die USA machen sehr wohl mit", zwar nicht auf Bundesebene, die das Weiße Haus zu verantworten habe, wohl aber auf regionaler, wo es sehr viele Initiativen gebe.

Anika Dafert, eine Aktivistin der Schülerbewegung "Fridays for Future", die Österreich als Jugenddelegierte bei der New Yorker Klimakonferenz vertrat, übte ihrerseits scharfe Kritik an der Politik ihres eigenen Landes. Österreich habe keinen Rede-Slot auf dem Gipfel bekommen, "weil wir keine konkreten Pläne vorweisen können". Die Reden, die gehalten wurden, hätten sich gut angehört, es sei schön, solche ambitionierten Dinge zu hören. Was dann aber tatsächlich passiere, sei eine andere Frage.

Greta Thunberg, betonte die 17-Jährige aus Radstadt, habe die Wahrheit gesagt. Sie habe in Worte gefasst, was die Jugend Tag für Tag fühle, "die Panik, die Hoffnungslosigkeit". "Wir versuchen euch jeden Freitag, wenn wir auf die Straße gehen, zu erklären, wie hoffnungslos wir unsere Lage sehen."

Vom Hirn in den Bauch

Greta Thunberg, sekundierte Van der Bellen, habe die Fähigkeit, "einem direkt ans Herz zu gehen". Diese Fähigkeit hätten nicht viele Menschen, geschweige denn Politiker. "Nun, unsereins hat sechzig Jahre mehr auf dem Buckel, wir wissen, wie langsam sich die Maschine meist in Bewegung setzt." Dennoch sei er zuversichtlich, dass man in diesen Tagen einen Einschnitt in der internationalen Politik erlebe, wie er lange Zeit nicht möglich schien. Früher habe man Expertenberichte lesen müssen, um das Problem der Erderwärmung zu erfassen. "Jetzt sehen wir, fühlen wir, dass etwas im Gange ist, bei dem die große Gefahr besteht, dass wir es eines Tages nicht mehr beherrschen können."

Nach den Worten von Außenminister Alexander Schallenberg ist die Klimadebatte "quasi vom Hirn in den Bauch" gewandert. Um eine Debatte in Schwung zu bringen, müsse sie statt allein von der Ratio auch von Emotionen getragen werden; dies sei nun geschehen. Allerdings, dämpfte Schallenberg, bedeute Politik, harte Bretter zu bohren, einen langen Atem zu haben. Noch vor drei Jahren, nannte er ein Beispiel für die Schnelllebigkeit internationaler Konferenzdiplomatie, sei der Bürgerkrieg in Syrien das alles beherrschende Thema gewesen. Inzwischen aber rede kaum noch jemand von Syrien. (Frank Herrmann aus New York, 24.9.2019)