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Nach einer Gewalttat muss man mit Bedacht die nächsten Schritte setzen, das hat laut Kinderschutzzentren Priorität.

Foto: Reuters/TORU HANAI

Wien – Auch der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) scharfe Kritik an der im Rahmen des Gewaltschutzpakets geplanten Anzeigepflicht für Gesundheitsberufe. In einem Offenen Brief an die Nationalratsabgeordneten warnt der Verband davor, die Verschwiegenheitspflicht in eine Meldepflicht umzuwandeln.

Die Verschwiegenheitspflicht abzuschaffen und ins Gegenteil zu verkehren, würde potenzielle Gewalttäter vor offenen und ehrlichen Gesprächen mit PsychotherapeutInnen abschrecken, heißt es in dem Schreiben. Die geplante Gesetzesänderung berge somit das Risiko eines Anstiegs an Gewalt. Auch Opfer von Gewalt müssten darauf vertrauen können, dass "sowohl die körperliche als auch die psychische Wiederherstellung nach einem traumatischen Ereignis in vertrauensvoller Umgebung stattfindet und nicht durch die Angst vor einem Verfahren gefährdet ist".

Bessere Strukturen für die Vernetzung

Auch die Österreichischen Kinderschutzzentren kritisieren Teile des Gewaltschutzpakets, das ÖVP und FPÖ am Mittwoch im Nationalrat beschließen wollen. Die geplante Ausweitung der Anzeigepflicht auf PsychologInnen und PsychotherapeutInnen bedrohe das Kindeswohl, heißt es in einer Aussendung der Österreichischen Kinderschutzzentren.

Ein Strafverfahren setze voraus, dass Kinder sich jemandem anvertrauen. Die Aufgabe der Fachperson sei es, erst den Schutz des Kindes sicher zu stellen und dann mit Bedacht die nächsten Schritte zu setzen. "Diese Rolle widerspricht der Rolle einer AkteurIn, die aktiv eine Anzeige macht und damit – aus der Sicht des Kindes – mitverantwortlich ist für die Konsequenzen, die ein Strafverfahren mit sich bringt und wo auch erneute Belastungen für das Kind auftauchen können", hieß es einer Aussendung.

Statt einer Änderung der Anzeigepflicht brauche es unter anderem verbindliche Strukturen für die Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Akteuren im Kinder- und Jugendhilfebereich sowie die Finanzierung einer Fachberatung in Kinderschutzzentren für alle Berufsgruppen, die einen Verdacht auf Gewalt haben, fordert der Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren. (APA, 24.9.2019)