London – Nach der Insolvenz des britischen Reisekonzerns Thomas Cook hat Regierungschef Boris Johnson die Vergütung der verantwortlichen Spitzenmanager kritisiert. Er frage sich, ob die Führungskräfte sich hohe Summen genehmigen sollten, wenn ein Unternehmen derart den Bach heruntergehen könne, sagte Johnson in New York.

Die Regierung in London will nun prüfen lassen, ob Manager des Unternehmens ihre Millionen-Boni zurückzahlen müssen. Ein entsprechendes Schreiben sei bereits an die Insolvenzverwalter gegangen, sagte der britische Verkehrsminister Grant Shapps am Mittwoch im Parlament.

Flughafenmitarbeiter versorgen in Palma de Mallorca gestrandete Thomas-Cook-Touristen.
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Thomas-Cook-Konzernchef Peter Fankhauser verdiente 8,3 Millionen Pfund (9,4 Millionen Euro), seit er 2014 den Vorstandsvorsitz übernommen hatte. Seine Vorgängerin Harriet Green kam während ihrer beiden Jahre an der Spitze von Thomas Cook auf knapp fünf Millionen Pfund. Und ihr Vorgänger Manny Fontenia-Novoa, der ebenfalls schon an der Sanierung des Reiseriesen arbeitete, erhielt während seiner Zeit von 2003 bis 2011 gut 17 Millionen Pfund.

Unter Fankhauser hatte Thomas Cook in der Nacht zum Montag Insolvenz anmelden müssen, nachdem Verhandlungen mit Geldgebern gescheitert waren und auch die britische Regierung eine Finanzhilfe von 150 Millionen Pfund verweigert hatte. Oppositionspolitiker von Labour hatten Johnson vorgeworfen, das Traditionsunternehmen mit seinen rund 21.000 Beschäftigten hängengelassen zu haben. Ministerin Leadsom verteidigte die Entscheidung: Es wäre falsch gewesen, schlechtem Geld gutes hinterherzuwerfen und dafür Steuergeld zu verschwenden. Die 200 Millionen Pfund hätten sowieso nur für einige Wochen gereicht.

Condor benötigt angeblich 200 Millionen Euro

Über staatliche Hilfe hat auch die deutsche Bundesregierung noch zu entscheiden. Die deutsche Cook-Airline Condor beantragte zu Wochenbeginn einen staatlichen Überbrückungskredit, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten und sich noch vor der Pleite retten zu können. Verbraucherschützer, Gewerkschaften und Reiseveranstalter in Deutschland forderten von der Politik, dem Ferienflieger mit seinen rund 4.900 Beschäftigten die Stange zu halten. Insidern zufolge geht es um rund 200 Millionen Euro.

Um die Cook-Tochter Condor zu retten, denken deutsche Politiker an einen Überbrückungskredit.
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Das schwarz-grün regierte Bundesland Hessen als Sitz von Condor ist Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) zufolge geneigt, die Hälfte der in Rede stehenden Finanzhilfe zu übernehmen. In solchen Fällen sei eine Aufteilung halbe-halbe zwischen Bund und Land vorgesehen, sagte er dem deutschen Radiosender HR Info. Condor sei profitabel und nur wegen seines Mutterkonzerns in Schwierigkeiten. "Insofern gebietet es auch der Respekt vor den Arbeitsplätzen, dass wir als Land schauen, ob wir helfen können gemeinsam mit dem Bund", sagte er. Condor habe die Chance, mit einem neuen Investor eine Pleite zu vermeiden. Das Land prüfe den Fall daher intensiv. In Branchenkreisen hieß es, Condor sei mit möglichen Investoren im Gespräch.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier sagte, die deutsche Bundesregierung wolle in den nächsten Tagen über staatliche Hilfen entscheiden. Es gebe dazu momentan enge Abstimmungen des Finanz-, Wirtschafts- und Verkehrsministeriums. "Es sind keine hausgemachten Probleme" bei Condor, betonte auch Altmaier.

Zukunft von deutscher Thomas Cook ist ungewiss

Ungewiss ist ebenfalls die Zukunft der deutschen Thomas Cook GmbH, die auch noch eine Möglichkeit sucht, nicht in Insolvenz gehen zu müssen. Die Geschäftsführung spreche intensiv mit möglichen Kapitalgebern und den Regierungen in Berlin und Wiesbaden, um weitermachen zu können. "Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um den Fortbestand unseres Unternehmens zu sichern", erklärte Deutschland-Chefin Stefanie Berk. Alle Reisen bis einschließlich Donnerstag müssten abgesagt werden, weil sie nicht durchgeführt werden könnten. Am Schicksal der deutschen Thomas Cook hängt auch jenes der Thomas Cook Austria AG als Tochtergesellschaft.

In Großbritannien organisiert unterdessen die Flugbehörde weiter die Heimflüge der insgesamt rund 150.000 Touristen aus dem Vereinigten Königreich. In den kommenden zwei Wochen werde die Rückholaktion abgewickelt. Allein für Dienstag wurden 74 Flüge angesetzt – für 16.500 Urlauber. "Wir wollen, dass die Leute ihren Urlaub weiter genießen, deshalb bringen wir sie zum ursprünglichen Reisetermin oder sehr kurz danach zurück", sagte Behördenchef Richard Moriarty. Weltweit sind bis zu 600.000 Urlauber gestrandet, darunter mehr als 300.000 aus Deutschland – Thomas Cook Österreich hatte per Anfang der Woche laut Eigenangaben 4.600 Urlauber in den Urlaubsdestinationen.

Die Insolvenz des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook könnte sich auf heimische Tourismusregionen auswirken.
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Die Pleite des britischen Reiseveranstalters dürfte auch in Salzburg nicht ohne Folgen bleiben. In Saalbach-Hinterglemm seien von den 730.000 Sommerübernachtungen rund 100.000 auf Thomas Cook, insbesondere die Konzerntochter Neckermann, zurückzuführen, sagte Wolfgang Breitfuß, Geschäftsführer des lokalen Tourismusverbands. Teile der Sommermonate August und September müssten noch abgerechnet werden. "Die Betriebe im Ort sollen für die erbrachte Leistung auch Geld sehen", so Breitfuß. Er hofft, dass hier aus der Konkursmasse etwa übrigbleibe.

Man habe in der Vergangenheit zwar bereits mit Konkursen zu tun gehabt, etwa bei russischen Reiseveranstaltern, so Breitfuß: "Eine Insolvenz in dieser Dimension ist für uns aber neu." In Bezug auf das Wintergeschäft hätten bereits die ersten Gäste angerufen, weil sie verunsichert sind. "Wir sagen ihnen, dass sie direkt beim Hotel buchen sollen – vor allem, wenn sie mit dem eigenen Auto anreisen." Grundsätzlich macht Breitfuß der kommende Winter weniger Sorgen als der zu Ende gehende Sommer. Schlecht fürs Geschäft seien auch die Turbulenzen auf dem britischen Markt, sagte Salzburgs oberster Tourismuswerber Leo Bauernberger der APA.

Österreichische Pauschalreisende können Belege einreichen

Für Pauschaltouristen von Thomas Cook Austria sei kein finanzielles Risiko zu erwarten, sagte der Präsident des Österreichischen Reiseverbands, Josef Peterleithner, am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal". Der Reiseveranstalter sei in Österreich mit über 20 Millionen Euro abgesichert. "Das wird ausreichend sein, um die Sicherheit, die finanzielle Sicherheit also der Gäste, zu gewährleisten", sagte der Branchensprecher.

Betroffene österreichische Pauschalreisende können Buchungsbestätigungen beim zuständigen Abwickler für Reiseinsolvenzversicherungen, Allianz Partners (AWP), bis spätestens 17. November einreichen, teilte der Abwickler mit. "Die Reisenden erhalten ihre vollen Ansprüche erstattet, sofern die Höhe der Versicherungsdeckung dazu ausreicht. Ansonsten werden die Reisenden entsprechend aliquot entschädigt", schreibt AWP. Von der Absicherung umfasst seien sämtliche Pauschalreisen, aber nicht einzelne Flug- oder Hotelbuchungen.

In Österreich ist laut Außenministerium keine von der Regierung koordinierte Rückholung von Thomas-Cook-Urlaubern wie in Großbritannien geplant. "Ich sehe dazu im Moment keine Veranlassung, dass das notwendig werden könnte", sagte Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer am Montag im Ö1-"Abendjournal". Eine solche Rückholaktion forderte am Montag die stellvertretende ÖVP-Klubobfrau und Ex-Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. (red, APA, 24.9.2019)