Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro bei der Uno-Generaldebatte in New York.

Foto: AFP/Eisele

São Paulo – Als Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro sein Hotel am Vorabend der UN-Vollversammlung in New York verließ, fiel den wartenden Fotografen sofort ein Detail auf. Über seinem offenen Hemd trug er eine traditionelle Kette brasilianischer Ureinwohner. Es sei ein Geschenk von Ysane Kalapalo, einer Xingu-Indianerin, die Bolsonaro auf der Reise nach New York begleite, hieß es aus Delegationskreisen.

Der Auftritt vor den Vereinten Nationen ist für Bolsonaro ein heikler Termin. Es gilt, das Image von Brasilien nach den verheerenden Waldbränden im Amazonas-Regenwald und der internationalen Kritik an seiner Umweltpolitik wieder aufzupolieren. Und dazu hat die brasilianische Regierung ihre PR-Maschinerie angeworfen – inklusive Folklorekette.

"Lügengerüst" über den Amazonas-Regenwald

"Ich bin hier, um die Wahrheit wiederherzustellen", sagte Bolsonaro gleich zu Beginn vor den versammelten Staats- und Regierungschefs. Er attackierte die Medien, die ein "Lügengerüst" über den Amazonas-Regenwald aufgebaut hätten und einen "Informationskrieg" führten. "Unser Amazonas-Regenwald ist nicht vom Feuer zerstört", wie die Medien berichtet hätten. Überdies sei es ein Trugschluss zu sagen, dass das Amazonasgebiet das Erbe der Menschheit ist, ebensowenig sei das Amazonasgebiet die Lunge der Welt, wie Wissenschafter fälschlich behaupteten.

Schnell machte Brasiliens rechter Präsident deutlich, dass er die Schutzgebiete für die Ureinwohner für zu groß hält und sie wirtschaftlich ausbeuten will. Bodenschätze wie Gold, Uran, Diamanten, Kupfer gebe es dort, zählte er auf. "Der Indianer will nicht arm auf einem reichen Land wohnen", schlussfolgerte Bolsonaro. Als "neue Stimme der Indianer" präsentierte er Ysane Kalapalo, die Bolsonaro schon im Wahlkampf begleitet hatte. Sie habe das Vertrauen und das Prestige der Kaziken, sagte er. Doch das stimmt nicht, das Gegenteil ist der Fall.

14 angesehene Anführer der Xingu distanzierten sich von Kalapalo und zeigten sich empört darüber, dass sie in New York als Vertreterin der brasilianischen Ureinwohner auftritt. Sie sei von niemandem nominiert worden, hieß es in einem Brief der Kaziken. Mit der Einladung zeige die brasilianische Regierung, dass sie das Volk der Xingu nicht respektiere.

Streit mit Macron

Ein Signal sandte Bolsonaro auch an die Wirtschaft aus und lobte seine Regierung, die ein ambitioniertes Reformpaket verabschiedet habe und ernsthaft gegen Korruption, Gewalt und die Zerstörung der Familie durch Ideologie vorgehe. Wichtige Unterstützer wie die Agrarlobby hatten sich nach Bolsonaros Streit mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nervös gezeigt und Einbußen bei Experten nach Europa befürchtet. Sie hatten ihn ermahnt, seine Rhetorik zu mäßigen.

Begleitet wird Bolsonaro unter anderem von seinem Sohn Eduardo, der neuer Botschafter in den USA werden will. Dieser hat seine eigene Agenda gemacht und trifft sich mit Donald Trumps ehemaligem Chefstrategen Steve Bannon, der mit The Movement ein ultrarechtes Netzwerk aufbaut. Eduardo Bolsonaro ist dessen Brasilien-Chef und vertritt damit ganz Lateinamerika. (Susann Kreutzmann, 24.9.2019)