Die Verteidigung von Karl-Heinz Grasser ist mit einem Ablehnungsantrag gegen Richterin Marion Hohenecker wegen Befangenheit abgeblitzt.

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Wien – Der 107. Verhandlungstag in der Causa Buwog begann wie der allererste Prozesstag am 12. Dezember 2017. Die Verteidigung von Karl-Heinz Grasser stellte einen Ablehnungsantrag gegen die vorsitzende Richterin Marion Hohenecker wegen Befangenheit – und der Richtersenat lehnte ihn ab. Anlass: die disziplinarrechtliche Verurteilung des Ehemanns der Richterin, Manfred Hohenecker, wegen vier Grasser-kritischer Tweets aus den Jahren 2015 und 2017.

Wie berichtet, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) als Disziplinargericht rechtskräftig entschieden, dass Hohenecker, der Korneuburger Strafrichter ist, damit ein Dienstvergehen begangen hat. Hohenecker wird den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen, er fühlt sich in seinen Rechten auf ein faires Verfahren und auf Meinungsfreiheit verletzt.

Seinen Antrag stützte Grassers Anwalt, Norbert Wess, auf die OGH-Argumentation. "Im Hause Hohenecker herrscht eine tiefe Abneigung gegenüber Grasser", kommentierte er in Bezug auf einen Tweet mit Grasser-Bezug, den der Sohn des Richters (Stiefsohn der Buwog-Richterin) mit Einverständnis seines Vaters auf dessen Twitter-Account veröffentlicht hätte. Das erzeuge den Eindruck, dass bei Hoheneckers daheim "die anklagegegenständlichen Vorwürfe inhaltlich besprochen" würden. Zwei Mitglieder der Familie würden Grasser für schuldig empfinden, ausgerechnet ein weiteres Mitglied dieser Familie sei die Buwog-Richterin.

Staatsanwalt lobt Richterin

Es gehe zwar nicht darum, ihr die Meinung ihres Mannes und Stiefsohns "umzuhängen", aber man könne aus alldem ableiten, dass ihre volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel gezogen werden könnten.

Der Senat ließ die Verteidigung mit ihrem Antrag abblitzen. Es gehe nicht um neue Tatsachen und um Meinungen Dritter und nicht um jene der Vorsitzenden. Der Staatsanwalt sprach von "Effekthascherei" und lobte die Vorsitzführung Marion Hoheneckers.

Der Staatsanwalt beantragte dann noch dringlich das Protokoll jener Verhandlung, in der Zeuge Heinrich Traumüller über eine Besprechung mit Wess vor seiner Befragung durch das Gericht berichtet hatte. Wess sieht darin kein Problem; Befragungen von Zeugen seien Anwälten erlaubt. (gra, 24.9.2019)