In der Politik ist es keine Seltenheit, dass die Inszenierung weit vom tatsächlichen Lebensstil der Protagonisten abweicht. Doch das dürfte in kaum einem Fall so exzessiv passiert sein wie bei Heinz-Christian Strache, der sich einst mit Slogans wie "Fairness – der rot-schwarze Speck muss weg" oder "Unser Geld für unsere Leute" plakatieren ließ. Letzteres dürfte ironischerweise stimmen. Gemeint waren jedoch nicht die österreichischen Bürgerinnen und Bürger, sondern Parteimitglieder – und am meisten er selbst. Denn Strache lebte auf großem Fuß und ließ sich das durch sehr üppige und zumindest kreative Spesenrechnungen finanzieren, die aus der Parteikassa bezahlt wurden, also überwiegend aus Steuergeld.

Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer gut gelaunt auf dem FPÖ-Oktoberfest.
Foto: APA/AFP/ALEX HALADA

Strache machte mit den Kassen seiner FPÖ offenbar, was er wollte. Obwohl er als Klubobmann im Nationalrat 15.182 Euro, als Vizekanzler dann 17.861 Euro verdiente, beanspruchte er ein großes Spesenkonto, die Übernahme seiner Mietkosten sowie weitere Spesenrechnungen samt Entlohnung für Ehefrau und Social-Media-Beauftragte Philippa Strache. Das alles lief weiter, während seine Partei in Person der damaligen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein propagierte, dass man exklusive Miete und Grundversorgung locker mit 150 Euro im Monat auskommen könne. Selbst wenn Strache alle Ausgaben korrekt abgerechnet hat, ist das an Zynismus kaum zu überbieten.

Dabei ist es keineswegs so, dass der Hang zu Ausschweifungen Strache vorbehalten ist. Diese Eigenschaft scheint vielmehr Teil der DNA rechtspopulistischer Parteien zu sein. Postenschacher, freimütiger Umgang mit Steuergeld und teils exorbitante Gehaltszahlungen in Ministerien waren Bestandteil der türkis-blauen Regierung. Schon vor Jahren beklagte Strache, damals frischgebackener FPÖ-Obmann, die Spesenrechnungen seiner Vorgängerin Susanne Riess-Passer – vom Gebaren des Parteiidols Jörg Haider ganz zu schweigen.

Schon gehört? Fabian Schmid berichtet im STANDARD-Podcast, was bisher über den FPÖ-Spesenskandal bekannt ist.

Interne Intrigen

Bizarrerweise wird dieses Verhalten von der eigenen Anhängerschaft akzeptiert. Man lebt von Verschwörungstheorien und externen Schuldzuweisungen, obwohl sich Enthüllungen in einem Großteil der Fälle als interne Intrigen entpuppen – auch die sind bei den Freiheitlichen häufiger an der Tagesordnung als bei anderen Parteien. Man denke nur an Straches Foto von Wehrübungen mit Rechtsextremen, die über einstige "Parteifreunde" nach außen gelangten. Auch jetzt deutet viel auf Straches einstigen "Bodyguard" als Anstoß für die Enthüllungen hin.

Die aktuelle FPÖ-Spitze tut recht erfolgreich so, als hätte sie mit all dem nicht viel zu tun. Sie verlangt Aufklärung, sollte allerdings bei den eigenen Erinnerungen ansetzen. Man gehe die Liste durch: Parteiobmann Hofer war ab 2005 Straches Stellvertreter. Dessen jetziger Vize Herbert Kickl: von 2005 bis 2018 Generalsekretär. Der heutige Generalsekretär Harald Vilimsky: mit Strache ab 2004 eng verbunden, als beide in der FPÖ Wien das Sagen hatten.

Wenn diese Akteure den Bruch mit dem "System Strache" ernst meinen, gibt es für sie nur eine radikale Lösung: Wenn es stimmt, was man Strache vorwirft, müsste sich die Partei von ihm trennen. Sie muss nicht nur die Vergangenheit klar beleuchten, sie muss auch dafür sorgen, dass sich kein Zweiter so frei aus blauen Kassen bedienen kann. Absolute Transparenz ist angesagt, jeder Cent muss im Internet veröffentlicht werden. Nur so kann die FPÖ hier Glaubwürdigkeit erlangen. (Fabian Schmid, 24.9.2019)