Die Ermittlungen gegen Heinz-Christian Strache (links) werden zum immer größeren Problem für Norbert Hofer (rechts).

Foto: APA/AFP/Halada

Nur wenige Tage vor der Nationalratswahl kommt Bewegung in die Ibiza-Ermittlungen: Am Montagabend fand eine Hausdurchsuchung bei Heinz-Christian Straches einstigem Bodyguard statt, der im Anschluss auch festgenommen wurde. Dienstagmittag folgte sein Ausschluss aus der FPÖ, er war bis zuletzt Bezirksrat in Wien.

Der Mann, der auch als Polizist tätig war, galt als enger Vertrauter des langjährigen FPÖ-Chefs. Vor rund fünf Jahren sollen sich die beiden allerdings überworfen haben. Daraufhin begann der Bodyguard, Rechnungsbelege, SMS und kompromittierende Situationen zu fotografieren und zu dokumentieren. Das Material teilte er offenbar mit seinem Anwalt, der später in die Produktion des Ibiza-Videos involviert war. Der Auftritt der falschen Oligarchennichte, mit der Strache und sein Vize Johann Gudenus Korruptionsfantasien auslebten, soll auf Basis der vom Bodyguard gesammelten Informationen geplant worden sein.

Der Sicherheitsfachmann war bis zuletzt an Straches Seite – obwohl er schon 2015 politischen Gegnern belastendes Material angeboten haben soll. Auch mit den Behörden verhandelte er über eine Aussage, für die er angeblich ebenfalls Geld verlangt hatte.

Versöhnung 2017

Doch 2017 dürfte es zu einer Art Versöhnung oder einem Arrangement gekommen sein – Strache nahm den Bodyguard ins Kabinett des Sportministeriums mit. Noch im Mai begleitete der "Sicherheitsreferent" Strache zum ungarischen Premier Viktor Orbán. Bereits kurz nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019 verdächtigten in der FPÖ einige Straches Bodyguard; doch Konsequenzen blieben damals aus. Hinter den Kulissen soll Strache die Anschuldigungen gegen den Bodyguard vom Tisch gewischt haben.

Straches Ex-Bodyguard festgenommen.
ORF

Die neuen Verdachtsmomente gegen Strache dürften die Behörden nun zum Handeln bewogen haben. Der FPÖ-Chef soll laut einer anonymen Anzeige exorbitante Spesen eingereicht haben, darunter teils falsch abgerechnete, wie STANDARD und "Presse" am Montag berichteten. Belege dafür soll die Materialsammlung des einstigen Bodyguards bieten. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte schon am Montag Ermittlungen gegen Strache wegen Untreue. Verdächtigt werden auch dessen ehemalige Assistentin sowie der Bodyguard.

Staatsanwaltschaft schweigt

Warum genau er nun verhaftet wurde, blieb am Dienstag unklar, da die Staatsanwaltschaft diese Causa als sogenannte Verschlusssache einstuft. Die Hausdurchsuchung am Montagabend fand jedenfalls wegen des Verdachts der Untreue statt, offenbar bestehen ein dringender Tatverdacht sowie Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr. Die "Krone" berichtete davon, dass auch der Verdacht auf Erpressung vorliege. Außerdem soll wegen verbotener Geschenkannahme ermittelt werden. In der anonymen Anzeige ist von Geldkoffern die Rede. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Dazu kommen Anzeigen an die Finanzbehörden, die die Frage aufwerfen, ob Strache Aufwendungen wie die Übernahme der Mietkosten ordnungsgemäß versteuert hat – Straches Anwalt sagt dazu, dass ihm diese Anzeigen nicht vorliegen.

Hofer: "Jemand will FPÖ zerstören"

In den Behörden, aber auch der FPÖ rechnen Beobachter nun damit, dass es in den nächsten Tagen "Schlag auf Schlag" gehen könnte. Die zeitliche Nähe zur Nationalratswahl wird dabei kritisch betrachtet, wenngleich die Ermittlungen gegen den Bodyguard schon länger laufen sollen.

"Seit mehr als fünf Jahren wird hier mit hoher krimineller Energie gearbeitet", sagte FPÖ-Chef Norbert Hofer in einer Stellungnahme. Er forderte die Österreicher auf, "Kriminelle nicht eure Wahlentscheidung beeinflussen zu lassen". Gleichzeitig wolle er die Vorwürfe gegen Strache "bis ins kleinste Detail klären" und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.

Aus blauen Parteikreisen ist jedenfalls zu hören: Ein Antreten Straches für die FPÖ in Wien ist inzwischen ausgeschlossen.

Der Bodyguard hatte stets dementiert, mit dem Ibiza-Video zu tun zu haben. Er habe seinen damaligen Chef lediglich zum Flughafen gebracht, wo dieser gen Ibiza abdüste, sagte er nach der Publikation des Videos zum "Profil". (Fabian Schmid, Katharina Mittelstaedt, Renate Graber, David Krutzler, Nina Weißensteiner, 24.9.2019)