Nach wie vor forschen wir an der bronzezeitlichen Fundstelle Christian-von-Tusch-Werk im Salzbergwerk Hallstatt. Seit 1992 finden dort regelmäßig archäologische Ausgrabungen statt, wodurch einiges über diese prähistorische Abbaukammer der letzten 3.000 Jahre bekannt ist. Wir kennen die ungefähre Größe der Abbaukammer, wissen, wo sich die Schächte in die darüber- und die darunterliegende Abbaukammer befinden, und können die zahlreichen Funde aus Holz datieren.

Doch dadurch, dass wir nur enge, schmale Stollen in den ehemaligen und nun verfüllten Hohlraum treiben können, bewegen wir uns beim bereits erforschten Raum noch immer unter einem Prozent des Gesamtvolumens. Demnach sind wir bei der Befundinterpretation zu einem großen Teil auf die Profile der Stollen angewiesen. An ihnen lassen sich die Schichtverläufe von in der Bronzezeit abgelagertem Betriebsabfall, damals verbrochenem Material und schließlich dem eindringenden Tagmaterial, das die Abbaukammer verfüllte, erkennen.

Der Nordvortrieb – über sechs Meter hohe Profile

Das bisher größte und aufschlussreichste dieser Profile befindet sich im Nordvortrieb. Als erster Vortrieb, angelegt in den 90er-Jahren, stellt er einen Querschnitt durch die bronzezeitliche Abbaukammer dar. In den letzten Jahren wurde der Forschungsstollen Schritt für Schritt überhöht, um die Geschichte der Abbaukammer bis zur letzten Benutzungsphase verfolgen zu können. Diese Arbeiten werden heuer bis zur nördlichen Wand aus festem Salz, einer Grenze der Abbaukammer, fortgeführt und das entstandene Profil dokumentiert und interpretiert.

Die mittlerweile über sechs Meter hohen Profile im Nordvortrieb geben Auskunft über die Ablagerung des Betriebsabfalls der bronzezeitlichen Bergleute in Hallstatt.
Foto: Daniel Brandner - NHM Wien

Das Westend – eine sichere Grenze

Auch 2019 wurde das "Westend" weiter untersucht. Seinen Namen hat der nach Westen aufgefahrene Vortrieb daher, dass hier tatsächlich sowohl die originale Sohle als auch Ulm (Boden und Seitenwand) der prähistorischen Kammer verfolgt werden können, wodurch auch schon einige erhaltene Abbauspuren zutage kamen. Wie so oft taucht auch hier die Sohle nach wenigen Metern Vortrieb nach unten ab, die Ulm beschreibt einen Bogen, wodurch sich eine Kammer bildet. Diese Kammer wurde in den letzten Jahren Stück für Stück ergraben, wodurch mehrere Lagen von Rundhölzern sichtbar wurden, die in demselben Winkel, in dem die Sohle abfällt, abgelagert sind. Diese werden nun mitsamt des umgebenden Heidengebirges geborgen, freigelegt und untersucht. Dadurch hoffen wir erklären zu können, wie und warum die Hölzer in diese Ecke der Kammer gelangt sind, ob sie sorgsam dort deponiert, flüchtig hingeworfen oder durch das eindringende Tagmaterial mitgerissen wurden.

Die diesjährige Ausgangssituation im Westend: schräg abfallende Sohle, darauf Heidengebirge und abgelagerte Hölzer.
Foto: Daniel Brandner - NHM Wien

Edlersberg Rutschenfuß – neuer Blickfang für Touristen

Kurze archäologische Betreuung verlangte auch die Fundstelle Edlersberg Rutschenfuß. Wie der Name schon sagt, liegt diese genau am Ende einer der Bergmannsrutschen, die täglich mehrere hundert Touristen auf ihrer Führung durch die Salzwelten Hallstatt passieren. Die eisenzeitliche Fundstelle wurde innerhalb eines Projekts unter Zusammenarbeit des NHM Wien mit dem Bundeskanzleramt, dem Land Oberösterreich, dem Bundesdenkmalamt und der Salinen Austria AG saniert. Nun sind sowohl die eisenzeitlichen Abbauspuren in Form herzförmiger Negative im Salz als auch die darunter liegenden Schichten von Leuchtspänen, die prähistorische Fundstellen für uns erkennbar machen, wieder sichtbar.

Nachreißen des Profils an der eisenzeitlichen Fundstelle Edlersberg. Dadurch wird das Heidengebirge und die Schichtverläufe wieder klar erkennbar.
Foto: Daniel Brandner - NHM Wien

Wie gewöhnlich: außergewöhnliche Funde

Wenn man im Bergwerk von Hallstatt arbeitet, stehen außergewöhnliche Funde beinahe auf der Tagesordnung. Trotz allem ist immer wieder erstaunlich, welch perfekt erhaltene Gegenstände das Heidengebirge, der bronzezeitliche Betriebsabfall, bereithält. Beide Stellen der Abbaukammer im Christian-von-Tusch-Werk, an denen derzeit Vortrieb gemacht wird, sind außerordentlich fundreich. Von den abertausenden Leuchtspänen, aus denen das Heidengebirge besteht und von denen einige wieder genug Jahresringe für eine dendrochronologische Datierung besitzen, sowie den unzähligen gebrochenen Werkzeugen einmal abgesehen, kamen dieses Jahr auch wieder einige spezielle Stücke zum Vorschein.

Die absoluten Highlights darunter sind wohl zwei gut erhaltene Holzkübel. Speziell daran ist vor allem, dass von diesen bisher großteils nur Bruchstücke bekannt waren und nun eine Handvoll kompletter Exemplare vorliegt. Die Böden dieser Kübel weisen im Normalfall eine starke punktuelle Beanspruchung auf, was die Vermutung nahelegt, dass darin die Bronzespitzen für die zum Abbau des Salzes notwendigen Pickel zum Nachschärfen ein- und austransportiert wurden. Dieses Jahr hatten wir auch die Gelegenheit, die noch erhaltenen Trageriemen aus Rohhaut zu beproben, um an der hoffentlich erhaltenen DNA feststellen zu können, wer diesen Kübel in der Bronzezeit zuletzt getragen haben mag. Selbiges gilt für eine vollständig geborgene Kratze, mit der das kleinstückelige Salz zusammenkratzt wurde. Auch ein ganzer, nur an den Spitzen der Zinken, in denen die Pickelspitze geschäftet wurde, gebrochener Pickelstiel kam zutage. Des Weiteren finden sich auch wieder viele Schnüre und geknotete Streifen aus Bast und Gras, Rohhaut, an der die dafür verwendete Tierart bestimmt werden soll, und einige Textilien aus grober oder feiner Wolle.

Bergung einer vollständigen Kratze, eines bronzezeitliches Werkzeugs, mit dem das kleinstückelige Salz zusammengekratzt wurde.
Foto: Daniel Brandner - NHM Wien
Vorsichtige Freilegung eines vollständigen Holzkübels im Nordvortrieb. Direkt darüber ist bereits der nächste zu erkennen.
Foto: Thomas Gatt - NHM Wien

Noch ist die Grabung in vollem Gange, es warten demnach noch viele Funde, Befunde und neue Erkenntnisse auf uns. (Fiona Poppenwimmer, 26.9.2019)