Bis zum Auftreten hunderter teilweise tödlicher Lungenerkrankungen in den USA galten E-Zigaretten als weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Glimmstängeln.
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Der Tabakkonzern Philip Morris International lässt die geplante Wiedervereinigung mit dem 2008 unter dem Namen Altria abgespaltenen US-Geschäft platzen. Das Board of Directors habe am Dienstag entschieden, die Verhandlungen zu beenden, berichtet die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf eine mit der Sache vertraute Person. Als Ursache führt er die Probleme der auf E-Zigaretten spezialisierten Altria-Tocher Juul Labs mit ins Treffen. Der Zusammenschluss hätte gigantische Ausmaße erreicht, beide Tabakriesen bringen es zusammen auf einen Börsenwert von annähernd 200 Milliarden US-Dollar.

Der Abbruch der Verhandlungen erfolgte mitten in der Krise von E-Zigaretten in den USA, die durch hunderte Lungenerkrankungen und zumindest sieben Todesfälle nach dem Konsum dieser Produkte ausgelöst wurde. Ins Visier der Behörden geriet dabei auch der E-Zigaretten-Erzeuger Juul, bei dem sich Altria erst Ende des Vorjahres teuer eingekauft hatte. Fast 13 Milliarden Dollar machte der Tabakkonzern für eine 35-prozentige Beteiligung locker, um am damaligen Boom von E-Zigaretten, die als weniger ungesunde Alternative zu Glimmstängeln galten, teilhaben zu können. Es sollte anders kommen.

Behörden ermitteln

Vielmehr läuft gegen Juul nun einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge eine strafrechtliche Untersuchung der Staatsanwaltschaft in Kalifornien. Auch andere US-Behörden ermitteln gegen die Firma aus San Francisco, die wegen zweifelhafter Methoden bei der Vermarktung ihrer E-Zigaretten an Jugendliche schon länger in der Kritik steht.

Am Dienstag wurde bekannt, dass Massachusetts als erster US-Bundesstaat generell alle E-Zigaretten verbietet. Die Bundesstaaten Michigan und New York hatten zuvor ein Verbot von aromatisierten E-Zigaretten verhängt, und der US-Einzelhandelsriese Walmart zog sich komplett aus dem Verkauf zurück. Auch in Indien sind E-Zigaretten künftig wegen ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung komplett verboten.

Chefwechsel bei Juul

Am Mittwoch wurde zeitgleich mit dem Platzen der geplanten Tabakfusion bekannt, dass Juul seinen Chef austauscht und jegliche Werbung sowie Lobbyarbeit für seine Produkte abrupt stoppt. Auf Mitgründer Kevin Burns wird der bisherige Altria-Manager K. C. Crosthwaite am Chefsessel von Juul folgen. Schon zuvor hatte das Unternehmen seine Werbung in sozialen Medien gestoppt.

Seit Frühjahr ist Juul auch am österreichischen Markt vertreten – auch hier wurden dessen Produkte als deutlich weniger gesundheitsschädlich als klassische Zigaretten dargestellt. Ende Juli erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO), E-Zigaretten seien "unzweifelhaft schädlich und sollten daher Vorschriften unterliegen". Entwarnung gab vor kurzem das österreichische Sozialministerium. Diesem zufolge hat die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit bei Kontrollen 150 E-Liquids untersucht und keine bedenklichen Produkte gefunden. Auch Meldungen zu Erkrankungen gebe es bisher nicht.

Ähnliche Entwicklung

Kurioses Detail am Rande: Vor mehr als zehn Jahren wurde Altria, das seither für das US-Geschäft zuständig ist, von Philip Morris abgespalten, um den restlichen Konzern vor den Folgen zahlreicher Schadenersatzklagen wegen der gesundheitsschädlichen Wirkung von Zigaretten zu schützen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Spekulationen über eine Wiedervereinigung, die nun offenbar daran scheiterte, dass sich diese Entwicklung bei E-Zigaretten zu wiederholen scheint. (aha, 25.9.2019)