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Vater und Sohn Biden sorgen für ein eminentes US-Wahlkampfthema.

Foto: Getty/Kroeger

Der Mythos vom braven und vom bösen Bruder ist so alt wie die Bibel und spiegelt sich auch in den Söhnen des ehemaligen US-Vizepräsidenten und jetzigen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden wider. Beau war der disziplinierte Streber, der ein Jahr jüngere Hunter der beherzte Rebell. Beide erlebten als Kleinkinder ein Trauma: Im Dezember 1972, Hunter war knapp drei, starben ihre Mutter und ihre jüngere Schwester bei einem Autounfall, die beiden Brüder wurden schwer verletzt. Ihr Vater war gerade in den US-Senat gewählt worden, angelobt wurde er im Krankenzimmer seiner Söhne.

Nun, 47 Jahre später, könnten Hunter und seine Ukraine-Geschäfte schuld daran sein, dass auch die dritte Präsidentschaftskandidatur des Vaters scheitert, wie schon 1988 und 2008. Oder aber sie bringen Donald Trump zu Fall; dieser hat angeblich die Regierung in Kiew erpresst, um Schmutzwäsche über die Bidens für seinen Wahlkampf zu erhalten. Hunter ist inzwischen Joes einziger Sohn: Beau, der Justizminister in Bidens Heimatstaat Delaware gewesen war, starb 2015 an einem Gehirntumor.

Schiefe Optik

Die Brüder standen einander und ihrem Vater nahe. Hunter war künstlerisch veranlagt, entschloss sich aber zu einem Jusstudium in Georgetown und Yale, wo er 1996 abschloss. Er arbeitete als Anwalt für eine große Bank, dann im US-Handelsministerium und schließlich als Lobbyist und Investor. Er verdiente gut, wurde aber nicht reich. Inwieweit er von der Nähe zu Joe, der 2009 Barack Obamas Vizepräsident wurde, profitiert hat, ist umstritten. Die beiden sprachen nicht über Geschäfte, taten aber auch wenig, um eine schiefe Optik zu vermeiden.

Der größte Fluch in Hunters Leben war der Alkohol. An der Sucht, die er trotz mehrfacher Klinikaufenthalte nicht überwand, scheiterte nach 24 Jahren seine Ehe mit Kathleen, mit der er drei Töchter hat. Beaus Witwe Hallie wurde seine Lebensgefährtin, bevor er im Mai spontan Melissa Cohen, eine südafrikanische Filmemacherin, heiratete. In den Klatschspalten tauchten auch immer wieder Berichte über Drogenkonsum auf; wegen eines positiven Kokaintests wurde er 2014 nach einem Jahr als Marinereservist entlassen.

Hunter sitzt heute nicht mehr im Aufsichtsrat des ukrainischen Gaskonzerns Burisma und hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Doch sein bewegtes Leben und seine komplexe Persönlichkeit stehen inzwischen im Zentrum einer Affäre, die so groß wie Watergate werden könnte. (Eric Frey, 25.9.2019)