Wien – Es ist ein Problem, über das man in Wien leicht stolpert: E-Scooter dürfen wie Fahrräder auf dem Gehsteig abgestellt werden. Damit sie niemanden behindern, müsste der Gehsteig mindestens zweieinhalb Meter breit sein. Wie weit Theorie und Praxis da auseinanderklaffen, geht dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu weit: "Ich halte das für unzumutbar, dass die überall in der Gegend herumstehen und natürlich ein Sicherheitsproblem darstellen", sagte er nun der Austria Presseagentur. "Sie können Ihr sonstiges Graffelwerk ja auch nicht auf der Straße abstellen", fügte Ludwig an.

Geht es nach dem Wiener Bürgermeister, sollen Bilder wie dieses bald nicht mehr möglich sein: Das Abstellen von Leihscootern könnte nur noch auf gekennzeichneten Flächen erlaubt sein.
Foto: Matthias Cremer

Eine mögliche Lösung sieht das Stadtoberhaupt darin, ausgewiesene Bereiche zu schaffen, in denen Leihscooter abgestellt werden können. Ob etwaige Zonen auf dem Gehsteig oder im Bereich der Parkplätze entstehen sollen, dafür wollte Ludwig aber noch keine Empfehlung abgeben.

Derzeit läuft eine Evaluierung von bereits mit den Leihscooter-Anbietern seitens der Stadt vereinbarten Regeln. Im Laufe des Herbstes sollen die Evaluierungsergebnisse vorliegen. "Auf diesen werden die Maßnahmen basieren, die wir dann setzen", sagte ein Sprecher der für den Verkehr zuständigen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne). Auch etwaige Gesetzesänderungen seien denkbar. Derzeit gibt es neun Leihscooter-Anbieter in Wien mit insgesamt rund 8.000 akkreditierten Fahrzeugen. Oft stehen Roller im Weg, auch Fahrvergehen wie das Überfahren roter Ampeln oder das Lenken auf dem Gehsteig sorgen für Unmut und Sicherheitsbedenken.

Umkämpfter Platz

Wo die Roller künftig stehen sollen, wird wohl hitzig diskutiert werden: Teile des Parkraums sollten nicht in Scooter-Abstellzonen umfunktioniert werden, warnt etwa der ÖAMTC, der eine strengere Reglementierung aber grundsätzlich begrüßt. Der Autofahrerklub spricht sich für gekennzeichnete Abstellzonen aus, "wo das Abstellen auf dem Gehsteig schon jetzt erlaubt ist". Sollten Roller im Parkplatzbereich stehen und durch Wind oder Dritte umgestoßen werden, drohten Sachschäden, "die in der Regel wohl nicht ersatzfähig sind. Das Haftungsproblem erscheint ungelöst", gab ein ÖAMTC-Jurist zu bedenken.

Bei einem Verkehrsschwerpunkt im Juli achtete die Polizei verstärkt darauf, dass E-Scooter- und Radfahrer die Verkehrsregeln einhalten.
DER STANDARD

In der City und Bezirken innerhalb des Gürtels stehen besonders viele Roller. "Die Frage ist: Wie entzerrt man das Angebot?", sagt Rainer Trefelik von der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Wien. Und wie könne der Scooter für die letzte Meile, "wenn man aus den Öffis steigt", zur Verfügung stehen? "Es braucht eine Lizenzierung, eine Ausschreibung", meint Trefelik, den es ärgert, "wie gedankenlos User die Roller oft verwenden". Es brauche hier ein Gesamtmobilitätskonzept.

Vom Anbieter Hive, der nach eigenen Angaben rund 500 bis 600 Scooter in Wien verleiht, heißt es auf Standard-Anfrage, dass man Wert lege auf einen guten Austausch mit der Stadt. Für eine gewisse Übersichtlichkeit könne man sich in der Wiener Innenstadt "Inseln" für das Ausborgen und Abstellen von Fahrzeugen vorstellen. Um das Freiheitsgefühl zu gewährleisten, müssten E-Scooter aber weiter außerhalb weiterhin frei abgestellt werden können. Auch die schnelle Verfügbarkeit und das unproblematische Abstellen seien Teil dessen, was die Roller attraktiv mache, hieß es seitens des Unternehmens.

Leihräder verschwanden wieder

Strengere Regeln für Scooter-Verleiher könnten manch Anbieter auch vergraulen: Die zwei Vermieter von Leihrädern im sogenannten Free-Floating-System, die also kreuz und quer in der Stadt abgestellt und angemietet wurden, zogen ab, als im August 2018 ein Regelwerk samt Registrierungs- und Wartungspflicht in Kraft trat. Nur wenige Wochen später fand sich dann der erste E-Scooter-Vermieter ein. Möglicherweise gibt es künftig auch Scooter-Stationen wie bei den Citybikes, die sich an 120 Stellen in der Stadt befinden und deren Ausleihe die erste Stunde gratis ist. Laut Gewista ist die Beliebtheit der Citybikes trotz E-Rollern den Nutzungszahlen zufolge ungebrochen. (Gudrun Springer, 26.9.2019)