Nach der britischen Mutter trat auch die Enkeltochter Thomas Cook Austria den Gang zum Konkursrichter am Handelsgericht Wien an.

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Wien/London/München/Frankfurt – Der insolvente deutsche Reiseveranstalter Thomas Cook hat alle bis zum 13. Oktober gebuchten Pauschalreisen abgesagt. Diese könnten aus insolvenzrechtlichen Gründen derzeit nicht angetreten werden, auch wenn sie teilweise oder vollständig bezahlt worden seien, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Die betroffenen Gäste sollten schnellstmöglich informiert werden. Durch das Insolvenzverfahren seien die Löhne und Gehälter der rund 2.000 Beschäftigten durch Insolvenzgeld bis Ende November gesichert.

Der österreichische Masseverwalter von Thomas Cook Austria, Günther Hödl, rechnet "zu 99,9 Prozent mit einem Schließungsfall und einer Liquidierung" des Österreich-Ablegers. Er empfiehlt geschädigten Pauschalreisenden, sich unbedingt an den Abwickler AWP P&C S.A zu wenden. Denn im Konkursverfahren werde es am Ende womöglich "gar keine Quote geben", dann würden Reisende mit einer Anmeldung im Konkursverfahren draufzahlen.

"Keine Sanierung in Österreich"

Anders als bei den deutschen Töchtern ist in Österreich keine Sanierung angedacht. Diese hat hohe Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen wie ihrer deutschen Mutter, womöglich auch gegenüber der britischen Großmuttergesellschaft. Er müsse sich erst ein Bild machen, aber "vielleicht wurde in letzter Zeit, wo es in England oder Deutschland schon schlecht lief, von dort aus Geld von der österreichischen Gesellschaft abgezapft", vermutet Hödl. "Dafür habe ich aber noch keine Indizien." Außer der Forderungen wisse er bisher nichts von Aktiva bei Thomas Cook Austria – "auch nicht in der Bilanz 2018".

Aufgrund der Pauschalreiseverordnung seien "zumindest die geschädigten Pauschalreisenden abgesichert", sagte der designierte Masseverwalter, der schon mehrmals Reiseveranstalter abgewickelt hat. Sollte Abwickler Allianz Partners wider Erwarten nicht alles auszahlen können, könne man sich immer noch im Konkursverfahren anmelden. Die genannten 20 Millionen Euro Deckungssumme sollten aber reichen. Den Hotels sei damit möglicherweise nicht geholfen, "aber wenigstens den Pauschalreisenden", sagte Hödl.

Insolvenzverwalter bestellt

Vorläufige Insolvenzverwalter wurden am Donnerstag vom Amtsgericht Bad Homburg für die deutschen Ableger bestellt: Drei Juristen der Kanzlei Hermann Wienberg Wilhelm. Für die Holding Thomas Cook GmbH ist Fabio Algari zuständig, für Bucher-Reisen und Öger Tours ist es Julia Kappel-Gnirs und für die Thomas Cook Touristik GmbH Ottmar Hermann. Er ist der bekannteste aus dem Trio: Hermann war unter anderem Insolvenzverwalter des Baukonzerns Philipp Holzmann und der Kaufhauskette Woolworth. Zudem führt die Kanzlei das Insolvenzverfahren der Fluggesellschaft Germania.

Die Insolvenzverwalter hätten sich vor Ort einen Überblick über die aktuelle Lage verschafft, mit den Betriebsräten gesprochen und mit der Geschäftsführung eine Betriebsversammlung abgehalten. "Wir haben heute eine hochmotivierte und engagierte Belegschaft erlebt, die für den Erhalt der Unternehmen aus vollem Herzen kämpft. Gemeinsam werden wir alles unternehmen, um die (drei) Thomas-Cook-Gesellschaften in Deutschland fortzuführen und eine Zukunftslösung zu finden", erklärte Hermann.

Anschlusskonkurs in Wien

In dem am Donnerstag am Handelsgericht Wien offiziell eröffneten Konkursverfahren über Thomas Cook Austria wurde kein Sanierungsplanantrag gestellt. Das hatten zuvor die Gläubigerschutzverbände AKV und Creditreform mitgeteilt. Betroffen sind 60 Arbeitnehmer. Dazu kommen laut Antrag 10.000 Gläubiger, wobei der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) davon ausgeht, dass es rund 15.000 werden könnten – hauptsächlich ausländische Hoteliers, wie in der Branche gemutmaßt wird.

Die Aktiva belaufen sich auf 41 Millionen Euro, die Passiva laut Gläubigerliste auf 33 Millionen. Die Anmeldefrist für Gläubiger endet am 2. Dezember, die erste Tagsatzung findet am 16. Dezember statt.

Haftungen in Millionenhöhe

Damit ist nach der britischen Konzernmutter und der deutschen Mutter auch der drittgrößte österreichische Reiseveranstalter, die Thomas Cook Austria AG, offiziell insolvent. Das gesamte unternehmerische Vermögen soll laut AKV liquidiert werden. "Im Hinblick auf die hohen Haftungen für die verbundenen Gesellschaften ist derzeit nicht davon auszugehen, dass eine Sanierung des Unternehmens wirtschaftlich möglich sein wird", hieß es seitens der Gläubigerschützer.

Das Problem dürften sehr hohe Haftungen und Bürgschaften für verbundene Unternehmen in der Konzerngruppe sein, die der österreichische Ableger übernommen hat, heißt es in Branchenkreisen. Die Österreicher würden auf diesen Haftungen wohl sitzenbleiben.

Millionen für Konzerngesellschaften

In der jüngsten Bilanz der Thomas Cook Austria AG wurden laut AKV für 2018 Verbindlichkeiten in Höhe von 36 Millionen Euro angegeben. Zum Aktivvermögen gehörten insbesondere Forderungen gegen verbundene Konzerngesellschaften, denen aber ebenfalls Verbindlichkeiten und Haftungen gegenüberstünden.

Der Konkurs der Thomas Cook Austria AG wird auf die Pleite der Konzernmutter Thomas Cook Group plc und die daraus resultierenden Probleme der Tochtergesellschaften zurückgeführt. Die Briten hatten den Geschäftsbetrieb am Montag eingestellt, nachdem tagelange Verhandlungen zur geplanten Rekapitalisierung gescheitert waren. In Summe bestand ein Kapitalbedarf von 1,1 Milliarden Pfund (rund 1,2 Milliarden Euro).

Ungarn, Slowakei im Schlepptau

Die Geschäfte in Ungarn und der Slowakei sind der österreichischen Gesellschaft unterstellt: An der slowakischen Neckermann Slovakia s.r.o. hält die Thomas Cook Austria AG laut AKV 60 Prozent der Unternehmensanteile, an der N-U-R Neckermann Utazas Szolgaltato 100 Prozent. Das Verfahren wird voraussichtlich im Lauf des Donnerstags vom Insolvenzgericht in Wien eröffnet. (APA, red, 26.9.2019)