Plädiert für Diversität in den Redaktionen: "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo.

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"Hart in der Sache, aber im Ton noch einigermaßen versöhnlich." So will Giovanni di Lorenzo das neue Streitressort bei der "Zeit" führen. "Die Reaktionen sind bislang die positivsten", sagte der "Zeit"-Herausgeber am Donnerstag bei den Medientagen in Wien. "Wir müssen aber wahnsinnig aufpassen, dass wir die richtigen Perspektiven einnehmen."

Di Lorenzo nennt ein Beispiel zur Frage "Darf man SUV als moralisch integerer Mensch noch fahren?": "Wir haben einen Feuerwehrmann gesucht, der selber SUV-Fahrer ist und schon reichlich Unfallopfer aus Autos rausgezogen hat, meistens aus Kleinwägen. Das sind die Perspektiven, die wir einnehmen müssen."

"Verleger pressen unser Haus nicht aus"

"Es geht uns gut", sagt di Lorenzo über den wirtschaftlichen Zustand der "Zeit". Er sieht dafür mehrere Gründe: "Weil wir Verleger haben, die nicht renditefixiert sind. Sie pressen unser Haus nicht aus." Zudem seien Neuerungen wie Magazine oder das Streitressort Reichweitenerfolge. "Wir testen die Dinge im Kleinen und bauen sie im zweiten Schritt aus." Zudem wurde ein neues Verhältnis zu Lesern "auf Augenhöhe" gefunden. Stärkere Leserbindung finde etwa durch Lesertreffen statt, einmal jährlich hält die "Zeit" ein "Leserparlament" hab. "Die Redakteurinnen und Redakteure sind überrascht und begeistert, was für tolle Leserinnen sie haben."

Diversifizierung in der Redaktion sei ein weiteres Geheimnis des Erfolges, referiert di Lorenzo. Man habe gezielt Redakteure mit Migrationshintergrund gesucht, der Frauenanteil betrage im gesamten Verlag 47 Prozent, in der obersten Führungsebene 50 Prozent.

"Menschen mit holprigen Biografien" gesucht

Ein Trend gefällt di Lorenzo weniger, "eine gewisse Homogenität der politischen Sozialisation der Kolleginnen und Kollegen, gerade unter den jungen Kolleginnen und Kollegen". Da will er mehr "atypische Leute finden".

"Niemand möchte bei uns einen Rechtspopulisten einstellen, aber ein paar Antikonformisten würden uns guttun", sagt di Lorenzo. Er vermisse "Menschen mit holprigen Biografien, deren Lebenslauf auch Brüche aufweist". (prie, 26.9.2019)