Manuela und Aaron kommen aus ganz unterschiedlichen Familien. Während Aaron als Einzelkind in einer großen Stadt aufgewachsen ist, hat Manuela ihre Kindheit mit drei Geschwistern auf dem Land verbracht. Als die beiden ihr erstes Kind bekamen, haben sie ziemlich schnell gemerkt, dass ihre Erziehungsansichten oft sehr gegensätzlich sind. Während Manuela sehr oft ihre Mutter um Rat bittet, lehnt Aaron alles ab, was von seiner Familie kommt.

Elisabeth bedauert oft, dass sie bei der Erziehung ihrer beiden Söhne die Strengere und Konsequentere sein muss. Immer, wenn sie davon geträumt hat, Kinder zu haben, hat sie sich vorgenommen, viel geduldiger und ruhiger zu sein als ihre Mutter. Allerdings ertappt sie sich in stressigen Situationen dabei, dass sie ihre Söhne ungerecht behandelt – wie ihre Mutter damals.

Lena ist alleinerziehend. Ihre vierjährige Tochter Lilith kann Sonnenschein, aber auch stur und eigensinnig sein. Das treibt Lena oft zur Weißglut. Seit sie weiß, dass schreien und schimpfen wenig bringen, versucht die Mama tief durchzuatmen und sich zu sammeln. Insgeheim bewundert sie ihre eigene Mutter, was diese so alles mit drei Kindern und einem Job zuwege gebracht hat.

Eltern werden

Wenn man Kinder bekommt, erinnert man sich oft an die eigene Erziehung und wie sie einen geprägt hat. Einige finden, ihre Kindheit sei recht angenehm verlaufen, und wollen die eigenen Kinder ähnlich erziehen. Andere wiederum möchten dem Nachwuchs die großen und kleinen Fehler der älteren Generation nicht mit auf den Weg geben. Fehler in der Erziehung passieren immer wieder, vor allem in Stresssituationen. In solchen Situationen fühlt es sich für Eltern manchmal so an, als würde das Kind genau diese Reaktion heraufbeschwören wollen. Im Nachhinein, wenn der Stress nachgelassen hat und wieder mehr Ruhe eingekehrt ist, weiß man als Bezugsperson meist genau, dass man auch anders hätte reagieren können.

Will man seine Kinder so erziehen, wie man es selbst in den 70ern und 80ern erfahren hat?
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Nicht wie die eigenen Eltern – oder doch?

Hat man erst einmal selbst ein Kind, kommen viele Begebenheiten, Erlebnisse und Erinnerungen an die eigene Kindheit wieder zum Vorschein. Die Vorstellungen von einer gelungenen Erziehung sind bei jedem sehr unterschiedlich. Es gibt Eltern, die sich bei der Geburt des Kindes vornehmen, niemals so zu agieren wie die eigenen, und alles anders machen wollen.

Unterschied zwischen Theorie und Praxis

Es passiert dann aber doch, dass man in vielen Situationen auf alte Verhaltensweisen zurückgreift und so reagiert, wie man es von den Eltern vorgelebt bekommen hat. Genauso wie positive beeinflussen selbstverständlich auch negative Erfahrungen die Grundhaltungen. Da kann es passieren, dass dieses "Nie wie die eigenen Eltern!" vergessen und allen Vorsätzen und Idealen keine Beachtung mehr geschenkt wird – vor allem in Stresssituationen, in denen ein langes Überlegen nicht möglich ist. Danach kommt dann schnell das schlechte Gewissen, dass man seinen Vorsatz vergessen hat und sich zu einer unüberlegten Handlung hat hinreißen lassen. Hilfreich kann es sein, erst mal tief durchzuatmen, erste Impulse zu unterdrücken und sich auf seine Werte und Erziehungsvorstellungen zu besinnen.

Wenn man nicht so erziehen will wie die eigenen Eltern, dann geht es meist darum, nicht die gleichen Fehler zu machen wie sie. Das schließt aber nicht aus, dass man andere Fehler macht. Erziehung ohne Fehler ist nicht möglich. Wichtig ist, dass man sich immer wieder darüber Gedanken macht und seine Vorstellungen von Erziehung an die Kinder und die Situation anpasst.

Ihre Erfahrungen?

Wie haben Sie die Erziehung durch Ihre Eltern erlebt? Welche Erziehungsmethoden Ihrer Eltern wollen Sie ganz sicher nie anwenden? Haben Sie sich Ihre Eltern als Vorbild für die Erziehung genommen? Posten Sie Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 27.9.2019)