Sydney – Eine der großen unbeantworteten Fragen der Biologie dreht sich um den Ursprung des Lebens selbst: Wann entstanden auf der Erde die ersten Zellen und wo könnte man heute eventuell noch Hinweise darauf finden? Das große Problem dabei ist nicht nur die Winzigkeit und Fragilität entsprechender Milliarden Jahre alter Fossilien, sondern vor allem die große Dynamik der Erdgeologie: Die fortlaufenden Umwälzungen in der Erdkruste haben nur an ganz wenigen Orten Gesteine der ersten Stunde übrig gelassen.

Dennoch ist es Forschern in der Vergangenheit gelungen, in einigen dieser Äonen alten Felsen, etwa in Kanada und in Grönland, verdächtige Spuren zu identifizieren. Die ältesten Überreste biologischer Aktivität könnten demnach über 3,7 Milliarden Jahre alt sein – allerdings sind diese Mikrofossilien in der Fachwelt alles andere als unumstritten. Endgültige Beweise, dass es sich bei den entdeckten Graphitkörnchen, Filamenten und Röhrchenstrukturen wirklich um Überreste zellulären Ursprungs handelt, gibt es nicht.

Die mikroskopisch kleinen Strukturen in Felsen der Dresser-Formation, sogenannte Stromatolithe, enthalten biologische Materie.
Foto: UNSW

Mikrofossilien in der Dresser-Formation

Das könnte sich nun jedoch geändert haben: Wissenschafter, die etwa 3,5 Milliarden Jahre altes Gestein in Australien erneut einer genauen Analyse unterzogen, fanden nun Belege dafür, dass die darin enthaltenen Strukturen tatsächlich fossile Mikroorganismen sind, oder zumindest ihre Hinterlassenschaften. Das Team um den aus Österreich stammenden Raphael Baumgartner von der University of New South Wales in Sydney untersuchte die Dresser-Formation in der Pilbara-Region im Westen des Kontinents, die zu den ältesten erhaltenen Gesteinen der Erde zählt.

Die Felsen enthalten geschichtete Strukturen, bei denen es sich um sogenannte Stromatolithe handeln könnte. Das sind Sedimente, die beim Wachstum von Mikroorganismen in Gewässern entstehen und in unterschiedlichen Ausformungen auftreten können. Freilich herrschte bisher keineswegs Einigkeit darüber, ob es sich bei den Funden in der Dresser-Formation um echte Stromatolithe handelt. Viele Wissenschafter halten eine Entstehung dieser Strukturen ohne biologisches Zutun für wahrscheinlicher.

Charakteristische Strukturen

Um diese Frage zu klären, bohrten Baumgartner und seine Kollegen die Felsen noch einmal an, um an die am besten erhaltenen Bereiche der entsprechenden Schichten heranzukommen. Tiefgehende Analysen dieser neuen in Pyritkristallen eingeschlossenen Proben mithilfe unterschiedlicher Methoden lassen nach Ansicht der Wissenschafter nun keinen Zweifel: "Wir fanden außergewöhnlich gut erhaltene organische Materie", sagt Baumgartner. Darunter seien auch fadenförmige Strukturen, die bei der Bildung von Biofilmen entstehen. Chemische Untersuchungen basierend auf mehreren Verfahren weisen laut der im Fachjournal "Geology" präsentierten Studie ebenfalls darauf hin, dass die geborgene Materie von lebenden Organismen stammt.

Die Gesteine der westaustralischen Pilbara-Region könnten die ältesten bekannten Lebensspuren enthalten.
Foto: University of New South Wales

Älter als alles bisher bekannte

"Wir halten damit den unwiderlegbaren Beweis für eine der ältesten Lebensspuren der Erdgeschichte in Händen", so Baumgartner. "Kein anderer Fund, der eindeutig als mikrobieller Überrest gilt, ist älter als unserer."

Da sich die Mikrofossilien in einem so außerordentlich guten Zustand befinden, dürften die assoziierten Pyritkristalle nach Meinung der Forscher in sehr kurzer Zeit entstanden sein. Einige moderne Mikroorganismen bauen Schwefel ab und produzieren dabei Pyrit – auf die Mikroben der Dresser-Formation könnte dies ebenfalls zutreffen, spekulieren die Wissenschafter. Falls die ersten Zellen Schwefel als Energiequelle genutzt haben, könnte Pyrit sogar eine entscheidende Rolle beim Ursprung des Lebens selbst gespielt haben. (tberg, 26.9.2019)