Elefanten- und Mückenrunden. Wenn kriegerische Metaphern ausgehen, müssen tierische her.

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Wenn auch der Wahlkampf noch nicht ganz abgeschlossen ist, wurde mit der Elefantenrunde am Donnerstagabend zumindest dem Reigen der zahlreichen TV-Duelle ein Ende gesetzt. An mehr als 23 Abenden stellten sich die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten sowie weitere Topfunktionäre der Parteien in TV-Konfrontationen, Wahlarenen und -duellen einander, um die letzten Unentschlossenen zu überzeugen, potenzielle Wechselwähler abzuwerben und die eigene Stammwählerschaft zu mobilisieren. Die martialische Sprache, mit der diese politischen Auseinandersetzungen angekündigt werden, ist Teil einer Inszenierung, mit der TV-Sender um Einschaltquoten sowie immer mehr Printmedien um Leser ringen. Die Medienkonsumenten danken es ihnen dabei nach wie vor mit äußerst respektablen Einschaltquoten, auch wenn sich in den vergangenen Tagen und Wochen bei zahlreichen Personen – Zusehern wie Politikern – bereits eine gewisse Duellmüdigkeit breitmachte. Bei summa summarum mehr als 500 Stunden an Wahlinformation und TV-Duellen kann man das aber kaum jemandem zum Vorwurf machen.

Martin Thür leitete als ORF-Moderator selbst viele Wahlduelle und sieht in ihnen einen Mehrwert, weil es sich um eine gute Ergänzung zu den anderen Formaten handle. Schließlich könnten Schnittmengen und Unterschiede in persönlichen Duellen besser herausgearbeitet werden. Auch ließe das Gesprächsklima und die Schnittmenge bei gewissen Themen oftmals einen Eindruck über die Chancen einer möglichen Koalition, aber auch inhaltlicher Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen zu. Im STANDARD-Gespräch gibt Thür aber auch schmunzelnd zu, dass er gegen Ende hin "bei vielen Antworten bereits hätte mitreden können".

Globaler Spitzenreiter

Dass sich Argumente, Phrasen und Beispiele wiederholen, ist bei insgesamt 69 Medienterminen, wie sie etwa die Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in diesem Wahlkampf zu absolvieren hatte, auch kein Wunder. Wer sich in Österreichs Spitzenpolitik engagiert, hat sich zudem ausgerechnet den globalen Spitzenreiter in Sachen TV-Duelle ausgesucht. Jakob-Moritz Eberl, Wahlforscher an der Uni Wien, kennt jedenfalls keinen Staat mit einer vergleichbaren Häufung an TV-Duellen. Interessanterweise wurde 1975 bereits die dritte Runde von Wahlkampfduellen – damals zwischen Kreisky und Taus – als "österreichische Tradition" vorgestellt.

Neben den politisch interessierten Medienkonsumenten haben vor allem die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten ein Marathonprogramm abzuspulen, was sich auch auf die Gesundheit niederschlagen kann, wie etwa an Norbert Hofers Fieberschub unmittelbar vor einem TV-Duell zu sehen war.

Wenig zu gewinnen, viel zu verlieren

Auf ein Duell zu verzichten und damit die Bühne dem politischen Rivalen zu überlassen kommt allerdings nicht infrage. "Du kannst auch nicht nicht zum Fellner gehen", heißt es aus einer Partei mit Blick auf Wolfgang Fellners oe24.tv. Auch wollen die Wahlwerbenden in Zeiten zusehends auf Einzelpersonen zugeschnittener Wahlkämpfe möglichst oft ihren "Frontrunner" medial groß inszenieren und nicht "die zweite Garde" schicken. Vor allem für Kleinparteien sind die TV-Duelle vor hunderttausenden, bei Elefantenrunden gar Millionen TV-Zusehern eine riesige Chance, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen, sagt Eberl. Auch die Nachberichterstattung samt Analysen ist wichtig. Wenngleich sich manches Prozent durchaus verschieben lässt. Durch Wechselwähler oder Unentschlossene ließe sich eine Wahl nicht allein im TV gewinnen, ist Eberl überzeugt. Zu verlieren gäbe es potenziell zwar einiges, richtig abgestürzt sei durch ein TV-Duell in Österreich bisher aber niemand. Lediglich der austrokanadische Milliardär Frank Stronach hätte in der ORF-Sendung Wahlfahrt mit der Todesstrafenforderung für Auftragskiller ordentlich an Prozentpunkten eingebüßt.

Wie auch bisher werden sich die Wahlformate künftig kontinuierlich wandeln. Ob ausländische Beobachter diese "österreichische Tradition" bis dahin verstehen, ist zu bezweifeln. (Fabian Sommavilla, 26.9.2019)