Wird Sebastian Kurz die Stimmen jener Wähler erben, die sich nun ja doch von der "Kleiner Mann – große Spesen"-Partei abwenden? Wenn alle untreu werden, bleibt ja der FPÖ-Wähler treu, aber diese Vorabendserie aus singendem Leibwächter, 2500-Euro-Mietzuschuss für die Familie Strache und Nationalratsmandat für die Gattin, damit der Göttergatte ruhiggestellt ist, wird nach Ibiza vielleicht doch dem einen oder anderen zu viel sein. Möglich, dass Kurz dadurch wieder in die Nähe der ursprünglich hohen Erwartungen kommt.

Wahlkampfmaterial der NEOS, ÖVP, FPÖ und SPÖ für die kommende Nationalratswahl.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Bringt die aggressivere Linie, die Pamela Rendi-Wagner zuletzt gegen Kurz gefahren ist, mehr als eine Mobilisierung der eigenen (schon recht schmalen) Wählerbasis? Schon das wäre ein Erfolg, denn über eines muss man sich klar sein: Diesmal geht es auch darum, ob die SPÖ als ernsthafte Mitspielerin in der politischen Landschaft bleibt. Allmählich stellt sich für sie die Bedeutungsfrage.

Sowohl bei Rendi-Wagner wie auch bei Beate Meinl-Reisinger fällt übrigens auf, wie allergisch moderne, urbane jüngere Frauen auf den Stil von Kurz reagieren. Der Grüne Werner Kogler hält ihn sichtlich auch schwer aus, und bei Peter Pilz oder gar Herbert Kickl ist die Abneigung mit Händen zu greifen. Nur zwischen Norbert Hofer und Kurz geht es "lieber Sebastian", "lieber Norbert" hin und her. Und die inhaltliche Überschneidung zwischen Türkis und Blau ist nach wie vor frappierend hoch. (Hans Rauscher, 26.9.2019)