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Der Anwalt Alfred Noll hielt am Mittwoch seine letzte Rede im Nationalrat und sparte nicht mit Kritik am Zustand des österreichischen Parlamentarismus.

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Durch das Ibiza-Video wurde so manche politische Karriere vorzeitig beendet. Nicht bei allen ist das so offensichtlich wie bei Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Bei vielen anderen Politikern verläuft die Wirkungskette komplizierter. Trotzdem werden sie sich aufgrund der überraschenden Neuwahlen in Bälde nicht mehr auf dem Parkett der Parteipolitik bewegen. Einige wollen sich altersbedingt eine neuerliche Legislaturperiode nicht antun und gehen in Pension, andere wiederum haben es sich in der Zwischenzeit mit ihren Parteikollegen verscherzt und daher keinen chancenreichen Listenplatz erhalten.

Am gravierendsten schlägt die Zahl der Abgänge jedenfalls bei der Liste Jetzt zu Buche – unabhängig davon, ob sie am Sonntag den Sprung über die Vierprozenthürde schafft. Nicht nur die junge Unternehmerin Stephanie Cox scheidet aus. Bei der abschließenden Sitzung des Nationalrats am Mittwoch hielt auch der ehemalige grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann seine letzte Rede am Parlamentspult. Nach zwei turbulenten Jahren in Pilz' Liste verabschiedet sich Rossmann in die Pension. Seine Bilanz nach insgesamt zehn Jahren fällt ernüchtert aus: In den Ausschüssen werde auf intellektuell unterirdischem Niveau diskutiert, und die Regierungsparteien würden sachliche Inputs ungeschaut ignorieren. Noch schärfer waren die Abschiedsworte seines Kollegen, des Juristen Alfred Noll. An das Plenum gerichtet polterte Noll: "Sie sind Fürstendiener, keine Volksvertreter."

Milde Wilde

Andere scheidende Abgeordnete waren versöhnlicher. Martha Bißmann bot den Mitgliedern des Plenums eine "Abschiedsumarmung" an und bedankte sich sogar bei Peter Pilz. Vergangenes Jahr verließ Bißmann den Pilz-Klub nach heftigen Querelen, nachdem sie ihr Mandat nicht für Pilz hatte aufgeben wollen. Seitdem war sie fraktionslose "wilde" Abgeordnete, genauso wie der Ex-Grüne Efgani Dönmez, der künftig ebenfalls nicht mehr dabei sein wird. Noch 2017 wurde Dönmez von Sebastian Kurz als türkiser Newcomer präsentiert, doch schon ein Jahr später machte er sich mit einer frauenfeindlichen Entgleisung für die Volkspartei untragbar.

Auch ein weiterer Kurz-Coup von 2017 wird dem nächsten ÖVP-Klub höchstwahrscheinlich nicht angehören: Der Mathematiker Rudolf Taschner, um den es in den letzten zwei Jahren still geworden war, wurde nun auf aussichtsloser Listenposition platziert.

FPÖ-Politiker entdeckte Rechtsextremismus in FPÖ

Die Kandidatenreihungen können parteiintern ohnehin für Reibereien sorgen. So etwa kürzlich zwischen dem langjährigen jüdischen FPÖ-Politiker David Lasar und seiner Partei. Lasar kehrte den Blauen im Juni den Rücken, weil der Burschenschafter Martin Graf auf der Liste vor ihm gereiht wurde. Für Lasar ein Affront, denn Graf sei ein "Angebot an Rechtsextreme".

Die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) will aus familiären Gründen nicht mehr Abgeordnete sein.
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Weniger Probleme mit dem rechten Rand dürfte die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller haben, die hohe Funktionärin einer rechten Mädelschaft ist. Kitzmüller wird dennoch nicht mehr für die FPÖ ins Hohe Haus einziehen, und zwar aus "familiären Gründen".

Ähnlich begründet Irmgard Griss ihren Abschied vom Parlament. Die 72-jährige ehemalige Höchstrichterin, die 2017 bei den Neos angedockt ist, will sich in Zukunft mehr ihrer Familie und ihrer Leseleidenschaft widmen.

Neben Griss und Noll wird noch ein dritter Jurist ab Herbst die politische Pension antreten. Nach mehr als zwanzig Jahren im Nationalrat ist auch für den stets zu pointierten Zwischenrufen aufgelegten SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim Schluss. (Theo Anders, 27.9.2019)