Das Setting ist bewusst schlicht gewählt. Keine Fahnen im Hintergrund. Keine Kordel als Absperrung für den Journalistenpulk (die ist mangels Andrangs auch wirklich nicht mehr nötig). Keine Minister- "Doorsteps" mehr für die Präsentation des eigenen Wirkens. Keine Regierungsspitze, die sich beim Pressefoyer nach dem Ministerrat öffentlich zankt oder fröhlich Eintracht heuchelt.

Alexander Winterstein spricht für die Kanzlerin und ihr Team.
Foto: Matthias Cremer

Seit Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und ihr Team übernommen haben, wird zum "Briefing" in den Amalienhof geladen. Der befindet sich schräg vis-à-vis vom Kanzleramt. Und dort ist es seit Juni an Alexander Winterstein, davor Sprecher der EU-Kommission, die Fragen der Medien zu beantworten – oder eben nicht.

Jede Woche nimmt der Regierungssprecher vor einer weißen Wand mit dem Schriftzug "Republik Österreich" am Kopfende mehrerer U-förmig angeordneter Tische Platz, ein Glas Wasser an seiner Seite, eine Reihe trockener Sachinformationen bei der Hand. Wer Atmosphärisches erfragen will, wird freundlich an das Selbstverständnis der neuen Regierung erinnert. Verwalten, erledigen, was anfällt, dem Staat in bester Beamtentradition dienen. Klingt langweilig? Soll jedenfalls vermitteln: Hier wird gearbeitet, nicht inszeniert.

Aufträge vom Parlament

Und an Arbeitsaufträgen gibt es jetzt auch vom Parlament einiges: So gilt es etwa, den Entschließungsantrag zur Ausrufung des nationalen Klimanotstands umzusetzen. Auch dem Antrag auf eine Schließung der türkischen Verbände Atib und Milli Görüs will man nachkommen, wie Winterstein am Donnerstag erklärte.

Vier Tage vor der Wahl und fast vier Monate nach Amtsantritt bot das Briefing diesmal guten Anlass für eine kleine Zwischenbilanz. Denn auch wenn die Kanzlerin am kommenden Dienstag bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen formell um Entlassung ansucht, wird die Übergangsregierung auch nach der Wahl noch eine Zeitlang im Amt bleiben.

Aus Wintersteins Perspektive ist natürlich alles gut gelaufen. Er führt das auf "die Bierlein-Methode" zurück. Eine Wortkreation, die dem nüchternen Beamtensprech dann doch ein wenig Glamour verleiht. Was darunter zu verstehen sei? "Ruhig, kompetent, unaufgeregt, aber sehr effizient" habe sich die frühere Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes ihrer neuen Aufgabe gestellt. Wie überhaupt das gesamte Regierungsteam "hart und koordiniert" arbeite. Mittels Dialogs und des Einbindens aller Kräfte habe man zu raschen, konsensualen Ergebnissen gefunden. Im Unterschied zu den türkis-blauen Vorgängern, die häufig dafür kritisiert wurden, das Parlament zu umgehen, Experten wie Zivilgesellschaft nicht in den Gesetzwerdungsprozess einzubinden? Das würde der straighte Herr Winterstein so nie sagen. Wird er aber auch nicht gefragt von den wenigen anwesenden Journalisten.

Nicht medienscheu

Mit der "Bierlein-Methode" sei es jedenfalls gelungen, dem Auftrag des Präsidenten nachzukommen, das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Politik wiederherzustellen, ist sich der Regierungssprecher sicher. Dass man dabei ein wenig medienscheu wirke, will Winterstein so nicht stehen lassen: "Ich bin ja jede Woche hier bei Ihnen", erklärt er den Presseleuten.

Und er rechnet wohl damit, noch einige weitere Monate im Amalienhof anstelle der Kanzlerin Rede und Antwort zu stehen. Vor Weihnachten habe er jedenfalls keinen Urlaub gebucht. (Karin Riss, 27.9.2019)