Die Grundwasserquelle in einem Riff vor Lombok richtete weiträumige Zerstörungen an.

Foto: Imke Podbielski, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Taucher kennen den Anblick vermutlich gut: An manchen Stellen treten plötzlich breite Schlieren im Wasser auf, das dort auch deutlich kälter ist. Das Phänomen geht auf Grundwasser zurück, das sich manchmal über viele Kilometer hinweg durch Gesteins- und Sandschichten einen Weg vom Land her gebahnt hat und nun aus dem Meeresboden hervorsprudelt. Derartige submarine Süßwasserquellen sind zwar rund um den Globus weit verbreitet, ihre Auswirken auf die Ökosysteme sind jedoch erst wenig erforscht.

Bisherige Beobachtungen lassen darauf schließen, dass solche Quellen bis zu 10 Prozent der Wassermenge aus, die vom Land ins Meer fließen. Besonders häufig sind sie in Erdschichten vulkanischen Ursprungs zu finden. Diese sind durchsetzt von Blasen und Gängen, die der glühende Lavastrom gebildet hat. Für das Grundwasser ist das poröse Lavagestein ein ideales Leitsystem.

Zerstörerische Quellen

Nun hat ein Team um Till Oehler und Nils Moosdorf vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) inmitten eines Korallenriffs vor der indonesischen Vulkaninsel Lombok eine Vielzahl solcher Grundwasserquellen entdeckt. Der Bereich rund um die Stelle jedoch auch ein Bild der Zerstörung: die Quellen wurden von tiefen Rissen und Spalten im Riff gesäumt, teilweise hatten sich auch große Krater mit einem Durchmesser von bis zu 16 Metern gebildet. Auf dem Meeresboden häufte sich Korallenschutt, vielfach überwucherten Algen das Riff.

Messungen der beiden Forscher ergaben, dass eine große Menge Wasser aus den einzelnen Riffquellen strömt: bis zu fünf Liter pro Sekunde. "Dieses Grundwasser ist meist stark belastet und sehr reich an Nährstoffen wie Nitrat oder Phosphat, da es Dünger und Abwässer aus Industrie, Landwirtschaft und Siedlungen mit sich trägt. Lombok und viele andere Inseln in der Region besitzen so gut wie keine Kläranlagen", berichtet Oehler.

Algen als Korallenkonkurrenz

Um die Wasserchemie zu untersuchen, nahmen die Geologen Grundwasserproben aus dem Riff sowie von Brunnen an Land. So stellten sie fest, dass die Nitratwerte an den Riffquellen 40 Mal höher waren als im umgebenden Wasser. Auch den Ursprung der Riffquellen konnten sie nachverfolgen, er lag auf Lombok in einer dicht besiedelten Talregion.

Korallenriffe gedeihen am besten in nährstoffarmem, klarem Wasser. Ein Übermaß an Nährstoffen jedoch begünstigt ein starkes Algenwachstum. Die Algen konkurrieren mit Korallen um den Siedlungsplatz im Riff, überwuchern sie und führen letztendlich dazu, dass sie absterben. "Zudem sprudelt aus den submarinen Grundwasserquellen kalkaggressives Wasser", erklärt Moosdorf. "Es ist saurer als das Meerwasser und beeinträchtigt die Skelettbildung und somit das Wachstum der Korallen".

Mehr Regenfälle, mehr Grundwasserquellen

Süsswasserquellen, wie sie die Forscher beschreiben, wurden auch in Riffen vor Hawaii, Mexiko und den Philippinen gefunden. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass sie weit verbreitet sind. Entlang des Pazifiks erstreckt sich beispielsweise dort, wo Kontinentalplatten aufeinanderstoßen, ein Vulkangürtel: der Pazifische Feuerring. Wie Perlen einer Kette reihen sich vor Australien und Südostasien Inselgruppen vulkanischen Ursprungs aneinander. Das Gebiet ist reich an Korallenriffen und eine der artenreichsten Meeresregionen der Erde. Auch hier vermuten die Forscher weitere Süsswasserquellen.

"Das Grundwasser wird vom Regen gespeist, der insbesondere zu Monsunzeiten sturzflutartig herabströmt", so Moosdorf. "Laut Prognosen zu den Folgen des Klimawandels sollen die Regenfälle in der Region noch deutlich intensiver werden. Das könnte dazu führen, dass submarine Grundwasserquellen und ihre Nährstofffracht weiter zunehmen." (red, 29.9.2019)