Was Medizinredakteure von anderen Menschen unterscheidet, ist das tagtägliche Bombardement mit Meldungen, was nun gesund und was ungesund ist. Und weil unsere Leserinnen und Leser ganz besonders an Ernährung interessiert zu sein scheinen, haben wir auf alles, was Essen anbelangt, ein ganz besonderes Augenmerk. Wenn also mein Kollege Günther zu Mittag sagt: "Ich hol mir jetzt eine Wurstsemmel", dann finde ich es privat total okay, beruflich allerdings einen Wahnsinn. Weißmehl, Fleisch und viele Zusatzstoffe, auch Günther weiß, dass das nicht unbedingt die beste Ernährungsweise ist.

Basisch im Büro

Insofern war also die Presseaussendung eines neuen Food-Delivery-Services in Wien namens Basenbox ganz unvoreingenommen positiv. Basen? Das hat nichts mit dem veralteten Namen für Cousine zu tun, sondern mit basischer Ernährung, die sich auf die Formel "Viel Gemüse und Obst, nur Vollkorn und gute Öle" am kürzesten zusammenfassen lässt. Wie das wirkt, wollten wir testen und haben uns eine Woche lang von Basenbox-Gründerin Philippa Lovrek bekochen lassen. Was die Basenbox kann: Sie liefert das gesamte Essen für 24 Stunden in schönen appetitlichen Schachteln. Und das ins Büro. Abendessen, Frühstück und Lunch kosten in einer Woche 149 Euro. Also knapp zehn Euro pro Mahlzeit. Okay. Wir probieren das.

Eine Fahrradbotin brachte eine schöne Papierschachtel jeden Tag ins Büro. Darin enthalten ein Brief mit der genauen Beschreibung der Speisen, ist ein bisschen so, wie die Verpackungsbeilage von Kosmetika zu lesen, schon die Worte allein haben eine positive Wirkung. Aber was alle in der Redaktion natürlich wesentlich mehr interessierte, war die Frage, wie das basische Futter schmeckt. Das Problem: Geschmack ist ja eine recht individuelle Angelegenheit. Der eine mag, was der andere nicht mag, ich für meinen Geschmack kann behaupten: Es ist sehr bekömmliches Essen. Es sind große Portionen, von denen man satt wird (manchmal sind die Portionen sogar zu groß), und alles sieht immer sehr appetitlich aus.

Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Nun hat sie basisches Essen probiert.
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Gesundes Essen macht andere aggressiv

Gewöhnungsbedürftig sind zwei Dinge. Erstens: Es wird wenig gesalzen. Das ist Absicht, weil – so Philippa Lovrek – insgesamt zu viel Salz in unserem Essen ist. Als Ersatz werden viele Kräuter verwendet, und nach spätestens drei Tagen hatte ich mich daran gewöhnt. Als ich einmal sündigte und von einer Pizza den Rand gegessen habe, erschien mir dieser zum Beispiel total versalzen. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass man wenig zu beißen hat. Harte Nahrungsmittel haben mir gefehlt, doch viel wesentlicher ist die Frage, ob die Basenbox satt macht. Die Antwort ist ja, und zwar über viele Stunden. Wer einen Gerstensalat, die Bulgurmischung oder das Chili sin Carne intus hat, braucht für mindestens fünf Stunden und länger nichts mehr zu essen. Und in der Hinsicht bin ich ein guter Ratgeber: Ich habe mein ganzes Leben lang noch keine Diät durchgehalten. Die Basenbox war in dieser Hinsicht eine Premiere.

Was mir ehrlicherweise abgegangen ist: der Zucker, wenn es im Büro stressig war. Und das war es. Ich habe Apfelsaft getrunken. Ohne Kohlensäure, denn Kohlensäure ist verboten. Ich trinke auch gerne ein Bier am Abend. Das stand aber auch auf der No-No-Liste. Einmal habe ich trotzdem eines getrunken. Und schnell war da die Erkenntnis: Basisches Essen ist keine gute Unterlage für feuchtfröhliche Abende. Dafür habe ich eine interessante Beobachtung gemacht: All das Obst und Gemüse machen die Muskeln viel dehnbarer. Auch sehr schwierige Yogaübungen sind mir in dieser Woche besonders leicht gefallen. Fazit: Das Körpergefühl insgesamt ist gut und basische Ernährung der Verdauung förderlich.

Viel Gemüse und Obst, Vollkorn und gute Öle. Das soll den Körper freuen.
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"Asoziales Spezialessen"

Wenn es um die soziale Verträglichkeit der Basenbox geht, muss aber auch ein Minuspunkt angesprochen werden. Einige meiner Feierabendboxen habe ich nämlich mit nach Hause genommen. Wer so wie ich gewöhnt ist, abends gemeinsam mit der Familie zu essen, bekommt damit aber erstaunlicherweise Probleme. Während die anderen Selbstgekochtes Essen, Spaghetti Carbonara zum Beispiel, in sich hineinschaufeln und "mmmmhhhhh" schnurren, sitze ich mit meinem gesunden Linsensalat daneben und bin eigentlich auch ganz zufrieden.

"Geh bitte, irgendwann reicht es doch mit diesem Vogelfutter", sagt da mein ansonsten eher toleranter Mann, der unbedingt will, dass ich den Schinken, den er gekauft hat, koste. Wollte ich aber leider nicht. Und von Tag zu Tag fragte er dann öfter, wann das jetzt mit der Basenbox vorbei sein wird, weil er mein Spezialessen asozial findet. Wer gesund isst, macht andere aggressiv: Das war eigentlich auch eine ganz interessante Erfahrung. (Karin Pollack, 29.9.2019)

Günther Brandstetter beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Seine Basenwoche hatte einen nachhaltigen Effekt.
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Nun also Basenfasten, gemeinsam mit Kollegin Karin. Eine Woche ohne Schinkensemmel, Leberkäse, Extrawurst. Nicht dass ich innen sauer wäre und mit Basen pH-neutral werden müsste. Das schafft mein Körper schon allein. Warum ich mich dazu überreden ließ? Ganz einfach, kulinarisch ist mein Arbeitsalltag alles andere als bunt.

Das Beste an der Basenbox: Die Speisen werden geliefert, Essen auf Rädern für Berufstätige. Im Schnitt zehn Euro pro Mahlzeit. Ein stolzer Preis, dafür sind die Zutaten hochwertig, frisch und regional, die Portionen mehr als ausreichend. Das ist auch gut so, denn nicht alles schmeckt. Melanzani oder Rosinen gehen für mich gar nicht. Akkurat waren während meiner Basenwoche ein Mittagessen mit Aubergine und ein Frühstücksmüsli mit Rosinen dabei. An diesen Tagen versuchte ich mich zwangsweise auch gleich im Intervallfasten.

Weniger Fleisch

Überraschend war vor allem die Vielfalt der Speisen. Vollkornfleckerl mit Blaukraut, getrockneten Tomaten und gerösteten Sonnenblumenkernen, Chili sin Carne und Kichererbsensalat mit Tahinadressing zählten zu den Höhepunkten.

Eine Woche ganz auf Fleisch zu verzichten war leichter als gedacht, hatte sogar einen nachhaltigen Effekt. Totes Tier gibt es nun deutlich seltener. Wenn überhaupt, dann bevorzugt in der Portionsgröße "Beilage". Die Schinkensemmel in der Redaktion ist mittlerweile auch nicht mehr erste Wahl. Was auch schmeckt: Nudelsalat mit Ziegenkäse und Oliven, Rucolasalat mit Parmesan und Tomaten, Hummus und Linsen.

Länger als eine Woche Basenfasten ist allerdings mühsam. Idealerweise teilt man sich eine Box zu zweit. Dann ist es auch egal, wenn es irgendwas mit Auberginen gibt. Das darf Karin dann ganz allein aufessen. (Günther Brandstetter, 29.9.2019)