Montage: Der STANDARD, Foto: APA/Schlager

183 Nationalratsabgeordnete sollen in der kommenden Legislaturperiode die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher vertreten. Welche Interessen das sind, welche Motive entscheidend für die Stimmvergabe waren und wie sich die soziodemografischen Gruppen in ihrer Wahl unterscheiden, das haben die Meinungsforschungseinrichtungen ISA/Sora für den ORF und Peter Hajek für ATV anhand von Wahltagsbefragungen herauszufinden versucht.

In der Folge finden Sie Diagramme, die die Motive und Begründungen abbilden und über den Wahlabend hinweg laufend aktualisiert werden.

Keine großen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Bei ÖVP und SPÖ gibt es kaum Unterschiede im Wahlverhalten der Wählerinnen und der Wähler. Bei den kleineren Parteien zeigt sich: Frauen wählen öfter Grün oder Neos, Männer eher die FPÖ.

Grüne bei den unter 30-Jährigen am stärksten. Laut Wahltagsbefragung sind ÖVP und Grüne bei den Wählerinnen und Wählern bis 29 Jahre gleichauf. Je älter, desto stärker das ÖVP-Ergebnis.

ÖVP ohne Wahlkarten in Großsstädten nah an der SPÖ. Berücksichtigt man allein die am Sonntag ausgezählten 3.826.412 gültigen Urnenwahlstimmen, dann kommt die Volkspartei in den Großstädten (Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt) sehr nah an die urbane SPÖ heran. Das kann und wird sich allerdings mit der Auszählung von rund einer Millionen Wahlkarten noch ändern.

Die ÖVP schneidet bei allen Bildungsgruppen gut ab. Wie von früheren Wahlen bekannt, schneiden die Grünen bei Wählern mit Matura oder Studienabschluss besonders gut ab, die FPÖ hingegen bei Personen mit maximal Lehre oder Pflichtschule.

ÖVP bei Angestellten am stärksten, FPÖ bei Arbeiterinnen und Arbeitern. Die FPÖ liegt bei den Arbeiterinnen und Arbeitern deutlich auf dem ersten Platz, die SPÖ noch knapp vor der ÖVP. Bei den Angestellten punktet die Wahlsiegerin ÖVP, SPÖ und Grüne kommen jeweils auf 18 Prozent.

Unterschiede zwischen den Parteien bei Pensionistinnen und Pensionisten am deutlichsten. Das Ergebnis zeichnet sich ebenfalls in der Analyse nach Altersgruppen ab.

Wahlmotive ÖVP. Spitzenkandidat Sebastian Kurz war, wie auch bei der Nationalratswahl 2017, das stärkste Wahlmotiv der ÖVP-Wählerschaft. Im Gegensatz zur letzten Wahl ist der Abstand zwischen dem Spitzenkandidaten und anderen Motiven jedoch kleiner geworden. Im Vordergrund steht nicht mehr die Veränderung, sondern die Kontinuität durch die Performance der letzten Regierung.

Wahlmotive SPÖ. Das stärkste Wahlmotiv der SPÖ-Wählerschaft ist "Stammwähler", gefolgt von sozialen Themen und dem Wahlprogramm. Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner kommt nicht in den Top-fünf-Wahlmotiven vor und spielt damit eine kleinere Rolle als ihr Vorgänger Christian Kern.

Wahlmotive FPÖ. Trotz aller Probleme im Wahlkampf und des Neuwahlauslösers Ibiza ist das stärkste Wahlmotiv der FPÖ-Wähler "Beste Partei für Österreich". Auch die Motive Migrationspolitik und der Spitzenkandidat (Norbert Hofer) wurden, ähnlich wie bei der letzten Nationalratswahl (Asylpolitik und Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache), wieder häufig von der FPÖ-Wählerschaft genannt.

Wahlmotive Grüne. Die Themen Umwelt und Klimaschutz waren mit Abstand das stärkste Wahlmotiv für die Wählerschaft der Grünen. Sie konnten sich durch ihre Wahlkampfthemen gut bei den Wählerinnen und Wählern positionieren und schaffen so das Comeback.

Wahlmotive Neos. Ähnlich überzeugten auch bei dieser Wahl die inhaltlichen Standpunkte die Neos-Wählerinnen und -Wähler. Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger liegt auf Platz zwei der Wahlmotive und spielt damit eine wichtige Rolle für die Neos-Wählerschaft.

Zufriedenheit mit der letzten Regierung. Die Wählerinnen und Wähler der Oppositionsparteien der vergangenen Legislaturperiode waren mit der Performance der Regierung naturgemäß wenig zufrieden. Unter den Sympathisanten der letzten Regierung waren allerdings auch nur die FPÖ-Wähler "sehr zufrieden", bei den ÖVP-Wählern überwiegen die "Ziemlich zufrieden"-Stimmen.

Für die heurigen Wähler war Ibiza nur ein nachrangiges Motiv. Die Wähler, die der FPÖ geblieben sind, sagen zu 91 Prozent, dass die Causa Ibiza sie in ihrer Wahl nicht oder kaum beeinflusst hat.

Neos-Wähler haben sich am spätesten entschieden. 64 Prozent der Neos-Wähler haben sich erst in den drei Wochen vor der Wahl für die Partei entschieden, bei allen anderen Parteien lag dieser Wert der Spätentschlossenen unter 40 Prozent.

Die Daten entstammen zwei verschiedenen Umfrageserien, die für den ORF beziehungsweise für ATV in den Tagen vor der Wahl und am Wahltag durchgeführt wurden:

  • Auftraggeber: ORF
  • durchführende Institute: ISA/SORA
  • Feldarbeit: IPR
  • Grundgesamtheit: Wahlberechtigte zur Nationalratswahl 2019
  • Methode: telefonische Befragung (computer assisted telephone interview/CATI)
  • Befragungszeitraum: 25. bis 29. September 2019
  • Stichprobe: rund 1.200 Personen
  • Gewichtung: soziodemographisch (Geschlecht, Alter, Bildung, Erwerb), Hochrechnung am Wahltag
  • Auftraggeber: ATV
  • durchführendes Institut: Peter Hajek
  • Feldarbeit: Jaksch & Partner (telefonisch)/MindTake (online)
  • Grundgesamtheit: Wahlberechtigte zur Nationalratswahl 2019
  • Methode: telefonische/Online-Befragung (Verhältnis 2:1)
  • Befragungszeitraum: 24. bis 28. September 2019
  • Stichprobe: 1.200 wahlberechtigte Personen repräsentativ für Österreich, vorgeschichtetes Randomverfahren

Welche Quelle für welche Grafik verwendet wurde, ist jeweils am Ende unter "Quelle" angeführt. (red, 29.9.2019)