Erdbewohner Theo und Alien Xeo surfen in "Planet der Pflanzen" von Tobias Gossow auf den Spuren des Lebens.
Foto: Gossow

Auf dem Planeten Xolo gibt es eigentlich alles, was es auf der Erde auch gibt. Es schaut bloß ein bisschen anders aus: Originell geformte Häuser, flotte Fortbewegungsmittel, lustige Spielkapseln und Pizza mit eigenwilligem Belag. Was Xolo aber fehlt ist: Grün. Aus der Sicht der graubraunen, kargen Oberfläche des weit, weit entfernten Planeten gesehen, wirkt die Erde wie eine blühende Oase. Das stellt der kleine, dreiarmige Xolo-Bewohner Feo fest, als er im Traum auf der Erde landet – und buchstäblich ins Grün eintaucht.

Tobias Gossows "Planet der Pflanzen" ist eines von vier Comicheften, die als Sieger aus dem Wettbewerb "Wissenschaftscomics für Kids" der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hervorgingen. Die rasante, knallbunte Geschichte spannt dabei den Bogen von der Weltall- bis zur Zellforschung. Gemeinsam mit dem Erdbewohner Theo, der interessanterweise den gleichen Traum träumt, wird Feo nämlich geschrumpft, und die beiden werden in das Innere einer Pflanze katapultiert.

Das Rätsel der Ding-dong-Pflanze

Auf dem Weg von der Wurzel bis zu den Blättern plaudern sie mit unter anderem mit Wasserstoff- und Kohlendioxidmolekülen und kommen den Mechanismen von Pflanzen und damit den Grundlagen des irdischen Lebens auf die Spur. Mit der Hilfe von Frau Dr. Rosmarin, die – Achtung, durchaus beabsichtigte Werbeplatzierung! – am Gregor-Mendel-Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften forscht, entschlüsseln sie außerdem das Rätsel der geheimnisvollen Ding-dong-Pflanze und finden Hinweise darauf, was Feo und Theo verbinden könnte. Was nebenbei angesichts des destruktiven Horror-Images, das Aliens üblicherweise von Hollywood verpasst bekommen, ein wohltuendes interstellares Völkerverbindungsnarrartiv darstellt.

Kleine Helden, große Forschung: Die vier ÖAW-Comics widmen sich Astronomie, Genetik, Biologie und Geschichte.
Foto: ÖAW

Dass sich die Akademie der Wissenschaften dafür entschieden hat, mithilfe von Comics bei Kindern den Funken für Forschung zu entzünden, ist ein gutes Indiz dafür, dass das Medium nun auch im Mainstream als ernstzunehmender Katalysator für Wissensvermittlung angekommen ist. Schließlich eignen sich Comics mit ihren unendlichen grafischen Möglichkeiten und den verschiedenen Erzählebenen aus Bild und Text hervorragend, um zunächst schnöde wirkende und komplexe Sachverhalte anschaulich zu machen.

Wie gut das gelingen kann, zeigen die vier Siegergeschichten, die aus 90 Einsendungen aus mehreren Ländern ausgewählt wurden, und deren Autoren am 6. November ein Preisgeld von jeweils 12.000 Euro verliehen bekommen. In "Emma, stell dir vor..." schicken Texter A. W. Grill und Zeichner Martin Udovičić die kleine Titelheldin Emma auf eine Zeitreise ins Mittelalter, wo sie gemeinsam mit dem Sattelflicker Dankwart und Ritter Walther von der Grillenweide allerlei brenzlige Abenteuer erlebt – und dabei ganz auf ihr Handy verzichten kann.

Marskartoffel und Jugendträume

In "1000 Fragen und eine Kartoffel" der Zeichnerin Marlin Beringer sollen sich Hanna, Deniz und Flo in einem Schulprojekt mit Kartoffeln beschäftigen, was sie megaöde finden. Als sie mehr oder weniger zufällig herausfinden, was die Knolle alles kann (von Bioplastik bis zur Nahrungsquelle am Mars), und welche Experimente sich damit durchführen kann, ändert sich das schlagartig.

"Die Superkäfer" des Berliner Graphic Novel-Künstlers Hamed Eshrat schließlich erzählt davon, wie Sarah und Felix, die eigentlich gar nichts miteinander anfangen können, zusammen einen Bauer überzeugen, Käfer statt Pestizide einzusetzen, und dabei auch ganz neue Seiten an sich selbst entdecken.

Die durchwegs sehr professionell gestalteten, stilistisch abwechslungsreichen Hefte schaffen es gut, an die Lebenswelt junger Menschen anzuknüpfen, auch wenn es hie und da etwas zu offensichtlich bemüht wirkt, die ÖAW einzubauen. Nichtsdestotrotz werden sie dem Ziel, die Fantasie zu beflügeln und dabei in die ganz schön abenteuerliche Welt der Wissenschaften einzutauchen, absolut gerecht – und zwar gendersensibel und in aller Diversität. Die Comics zielen auf Acht- bis Zwölfjährige ab, nach eigener Erfahrungen lassen sich aber auch Jüngere – mit ein paar Vereinfachungen – faszinieren.

Experimentieren und nachbohren

40.000 gedruckte Comics, die unter dem Label "Akademics" firmieren, sind zu Beginn des neuen Schuljahrs erschienen und wurden kostenlos an 4300 Volksschulen, Neuen Mittelschulen und AHS-Unterstufen in ganz Österreich verteilt. Alle Hefte sind aber auch zum Durchblättern und zum kostenlosen Download im Internet verfügbar (siehe Link bei den einzelnen Hefttiteln oben).

Auf der "Akademics"-Webseite gibt es außerdem Anleitungen für einfach nachzumachende Experimente, ein Wissensquiz, weitere Infos zu den Fachgebieten Astronomie, Geschichte, Genetik und Biologie sowie lockere Interviews mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, die Einblicke in ihre Arbeit geben. Eine junge Reporterin macht sich außerdem in Kurzvideos auf, mehr über die Forschung hinter den Comicgeschichten herauszufinden. Ein rundes Paket, das hoffentlich Schule macht! (Karin Krichmayr, 7.10.2019)