Jeder, der in die Arkaden vor der ÖVP-Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse kommt, wirft sich eine türkise Windjacke um. Die letzten Wahlgoodies werden eingetütet, Luftballone aufgeblasen. Nach dem Einläuten des Wahlkampfendspurts will man gesammelt Verteilaktionen starten. Und die müssen vorbereitet werden.

Eine Dame steht weiter hinten, die Sicht nach vorne ist versperrt. "Wer spricht denn gerade?", fragt sie etwas verzweifelt in die Menge.

Auf der Bühne steht der ehemalige Ö3-Moderator Peter L. Eppinger. Er begrüßt bekannte Gesichter, die von den Anwesenden zugleich mit Applaus beschenkt werden. Der Wiener Landesparteiobmann Gernot Blümel steht im türkisen Meer, aber ohne Windjacke. Zahlreiche Abgeordnete der Volkspartei sind gekommen.

Sebastian Kurz spricht ein letztes Mal in Wien vor seinen Unterstützern. In den nächsten 48 Stunden macht er noch halt in der Steiermark, Oberösterreich und Niederösterreich.
Foto: APA/Robert Jäger

"Unser Sebastian"

Auch Generalsekretär Karl Nehammer wird befragt. Wie er denn die Anfeindungen gegen Sebastian Kurz in den letzten Monaten erlebt habe? "Es wird versucht, unseren Kanzler in den Dreck zu ziehen, aber wir werden unserem Stil treu bleiben." Nehammer spricht von rot-blauen Allianzen, die "unseren Sebastian" an der Kanzlerschaft hindern könnten, und von Umfragen, denen man nicht zu viel Glauben schenken sollte.

Eppinger nimmt das gerne auf. Nebenan befindet sich das rote Rathaus. "Wir alle sollten einmal kräftig guten Morgen rufen", feuert er die Menge an. Vielleicht schaue ja jemand raus – oder traut sich etwa niemand?

Der Konkurrenz möchte man aber nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenken. Denn eigentlich sind alle wegen "unserem Sebastian" gekommen. "Seine Gegner sagen, er muss weg, aber das Volk wird entscheiden!" Und da kommt er schon und kämpft sich durch die Menge. Die Dame, die zuvor noch etwas enttäuscht im Hintergrund gestanden ist, wird von Kurz persönlich begrüßt. "Danke für Ihre Zeit", sagt der Listenerste. Die Menge jubelt, die Augen der Dame glänzen.

Sebastian Kurz kämpft sich durch die Menge. Auf dem Weg schüttelt er die Hände wartender Unterstützer.
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Zweifel an Meinungsumfragen

"Verlassen wir uns nicht auf die Meinungsumfragen", sagt auch Kurz, mittlerweile vorne angekommen. "Nützen wir die letzten 48 Stunden, um Menschen zu überzeugen." Man solle Freunde und Familie anrufen und dazu bringen, zur Wahl zu gehen. Denn wenn es eine Mehrheit gegen ihn gebe, dann werde diese auch genutzt.

Sebastian Kurz spielt auf der Mobilisierungsklaviatur, und dazu ist es für die ÖVP notwendig – als einzige Partei neben den Sozialdemokraten selbst –, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zur möglichen künftigen Kanzlerin hochzustilisieren. Auch in der Brexit-Abstimmung habe man an ein eindeutiges Ergebnis geglaubt. "Es geht um Stimmen, nicht um Stimmung", ruft Kurz in die Menge. Man wolle den konsequenten Weg in der Migrationsfrage fortführen, Steuersenkungen vorantreiben und die Schulden zurückfahren. "Danke, dass ihr mich auf meinem Weg unterstützt."

Mit Luftballonen und Windjacken ausgestattet machen sich die Kurz-Fans auf den Weg zu "den Menschen".
Foto: APA/Joe Kalmar

"Jetzt müss ma alle zum Schottentor", verkündet ein türkiser Wahlkämpfer. Draußen warten weitere, in den Händen Bündel aus Luftballons. In Staffeln macht man sich auf den Weg zur letzten türkisen Verteilaktionen. Sebastian Kurz wird in den nächsten 48 Stunden noch einmal durch die Steiermark, Oberösterreich und Niederösterreich touren. (Franziska Windisch, 27.9.2019)