Während die Nerven gestrandete Touristen noch immer blank liegen, gerät nun das Management des Pleite gegangenen Reiseveranstalters Thomas Cook und die britische Regierung unter Druck.

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Der zuständige Wirtschaftsausschuss des Unterhauses will die Pleite des Reisegiganten Thomas Cook umfassend untersuchen. Dabei soll es um die Gehaltspakete des Vorstands ebenso gehen wie um die Frage, warum die britische Regierung dem ums Überleben kämpfenden Unternehmen nicht finanziell beispringen mochte. "Unser Interesse gilt der Aufsicht in der Firma ebenso wie der Kontrolle durch externe Buchprüfer", teilte die Ausschussvorsitzende Rachel Reeves in London mit. "Offenbar haben wir es mit einem schlimmen Beispiel von Managementgier zu tun."

Abgeordnete der Labour-Opposition haben das Vorgehen der konservativen Minderheitsregierung unter Premier Boris Johnson kritisiert. Anders als Spanien und Griechenland, die am vergangenen Wochenende finanzielle Hilfsangebote unterbreitet hatten, oder Deutschland, das die Thomas-Cook-Tochter Condor rettete, hat London jede Staatshilfe für Thomas Cook verweigert. Man werde nicht "schlechtem Geld noch gutes nachwerfen", versicherte Verkehrsminister Grant Shapps.

Teure Heimholung

Die Kosten der Heimholaktion "Operation Matterhorn" für rund 150.000 britische Touristen bezifferte der Minister im Unterhaus auf rund 113 Millionen Euro. Insgesamt dürfte der Kollaps von Thomas Cook finanziellen Schaden von mehr als einer halben Milliarde Pfund (563 Millionen Euro) verursachen. Regierungsangaben zufolge entfällt der Löwenanteil auf das Versicherungssystem Atol, in das Pauschalreisen-Veranstalter einzahlen. Dessen Liquidität bezifferte der jüngste Jahresbericht mit 570 Millionen Pfund; je nach Ausgang der Ausgleichszahlungen für bereits gebuchte Ferienreisen, für Hoteliers und die notwendigen Heimflüge könnte also eine Deckungslücke entstehen, für die wohl die Regierung aufkommen müsste.

Das 178 Jahre alte Traditionsunternehmen hatte in der Nacht zum Montag die Geschäftstätigkeit mit sofortiger Wirkung eingestellt. Branchenexperten zufolge hatte sich die Firma nicht von der riesigen Schuldenlast befreien können, die 2007 bei der Fusion der Thomas Cook und der My Travel Group entstanden war. Die Turbulenzen im Gefolge des globalen Finanzcrashs ein Jahr später brachten vielfältigen Wechsel im Management, aber keine entscheidende Erleichterung bei diversen Umschuldungsversuchen. Zuletzt standen Verbindlichkeiten von 3,5 Milliarden Euro in der Bilanz.

Pauschalreisen ziehen

Dabei liegen Pauschalreisen durchaus im Trend. Zwischen 2010 und 2018 stieg die Zahl von Briten, die Inklusivferien buchten, von 14,3 auf 18,2 Millionen. Allerdings sahnten zunehmend Internet-Reisebüros wie We love holidays oder On the beach ab. Trotz mehrfacher Sparrunden gelang es hingegen Thomas Cook nie, die zunehmende Verlagerung von hergebrachten auf virtuelle Reisebüros zu vollziehen. Als zusätzliche Belastungsfaktoren kamen der ungewöhnlich heiße Sommer 2018, in dem viele Briten von Fernreisen absahen, sowie die anhaltende Brexit-Unsicherheit hinzu.

Auf Banken wie Credit Suisse, Unicredit, Morgan Stanley und Barclays kommen nun Abschreibungen von bis zu 2,03 Milliarden Euro zu. Der Hauptaktionär Fosun will offenbar die Rechte am Namen kaufen, der in Fosuns asiatischer Heimat guten Ruf genießt.

Ausreichende Deckung

Unterdessen hat die ebenfalls in Konkurs gegangene Thomas Cook Austria für Pauschalreisende eine Versicherung mit einer Gesamtdeckung von 22 Millionen Euro. Diese Summe werde "aller Voraussicht nach ausreichend" sein, um die Ansprüche der betroffenen Reisenden abzudecken, gibt Allianz Partners bekannt, wo die Forderungen nach dem Konkurs abwickelt werden. Zudem will die Zurich-Versicherung an Hotels, die derzeit noch deutsche Thomas-Cook-Urlauber beherbergen, Geld überweisen. (Sebastian Borger, 28.9.2029)