Das Thema ist relevant und der Zeitraum für Diskussionen kurz, erinnert Peter Goigner (DER STANDARD).

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Im programmatischen Ökosystem steht ein gravierender Umbruch bevor. Das althergebrachte System der "second price auction" hat wohl größtenteils ausgedient. Hier schildert Peter Goigner (Leitung Programmatic Advertising beim STANDARD, was es damit auf sich hat – und vor allem, was es zu beachten gilt.

First und second price auction sind zwei ganz unterschiedliche Ansätze zur Preisfindung im Geschäftsbereich des programmatic advertising:

Bei der bisher üblichen 2nd price auction gewinnt auf jeden Fall der Höchstbietende den Zuschlag auf den Werbeplatz, zahlt aber nur 1 Cent mehr als das zweithöchste Gebot. Also wenn Einkäufer A 10,- Euro bietet und Einkäufer B bereit ist, 15,- Euro zu bieten, erhält B den Zuschlag, bezahlt aber nicht 15,- Euro sondern 10,01 Euro.

Dieses System galt bisher als branchenüblich – und das wird sich nun ändern. Googles Ankündigung Anfang des Jahres, sämtliche programmatischen Transaktionen auf die first price auction umzustellen, sorgte für einen Richtungswechsel. Denn bei der first price auction wird in Zukunft der vorhergenannte Bieter B nicht mehr 10,01 Euro bezahlen, sondern sein tatsächliches Gebot von 15,- Euro.

Für und Wider

Zwei grundsätzliche Ansichten zu dem Thema: Während Befürworter eine deutlich höhere Transparenz bei der Preisfindung jedes einzelnen Werbeplatzes begrüßen, befürchten Kritiker ein Sinken der Preise über einen längerfristigen Zeitraum. Ob die Skeptiker Recht behalten werden, wird ohnehin erst die Zukunft zeigen. Dass die Unterstützer eine positive Entwicklung sehen, liegt nahe – denn Transparenz ist seit jeher ein großes Thema im programmatischen Geschäft. Doch warum sollten die TKPs sinken? Es steht die Befürchtung im Raum, dass die Risikobereitschaft, hohe TKPs für eine(n) sehr relevante(n) UserIn zu bezahlen, abnimmt. Vor allem bei Retargeting Kampagnen könnte das Thema schlagend werden: Wollte man bisher einen ganz bestimmten Bid Request gewinnen, war Einkäufer C durchaus auch bereit, astronomische TKPs zu bieten, wohlwissend, dass dieser nur in seltenen Fällen schlagend wird (Optimierung auf Durchschnittspreise). Wenn nun beispielsweise aber wirklich TKP 100,- Euro bezahlt werden müssen, wird man das Gebot drastisch senken. Und genau hier haken die Befürworter ein: Warum wurden überhaupt 100,- Euro geboten, wenn man nicht bereit war, diese zu bezahlen?

Weitere Plattformen im programmatischen Universum haben bereits angekündigt, dem Trend folgen zu wollen – so hat z.B. Rubicon Project schon festgehalten, ebenfalls sämtliche Transaktionen nach dem Prinzip der first price auction durchführen zu wollen. Bei OpenX sieht man Googles Weg als weiteren Schritt in Richtung Demokratisierung des Angebots. Interessant ist der Ansatz von Yieldlab dazu: Hier bietet man Publishern / Vermarktern die Möglichkeit, den Auktionstyp für open market und deals bei Bedarf auf Demand Partner Ebene frei zu konfigurieren.

Persönlich programmatisch

Eines steht in jedem Fall fest: Um wirkliche Transparenz zu erlangen, müssen sich Ein- und Verkäufer ganz genau und gezielt darüber unterhalten, nach welchem Auktionstyp das Geschäft abgehandelt wird. Plattform-Anbieter arbeiten mit unterschiedlichen openRTB-Protokollversionen und unterstützen damit die Festlegung Auktionstyp auf dieser Ebene nicht. Beide Transaktionstypen sind valide Modelle, aber es muss Klarheit darüber bestehen, wie gehandelt wird. Wenn der vorher genannte Einkäufer C nun seinen TKP von 100,- Euro wirklich zahlen muss, ohne darüber Bescheid zu wissen, wird es wohl ein böses Erwachen geben. Es ist daher dringend anzuraten, sich mit der jeweiligen Gegenseite abzustimmen und auch eine Stellungnahme der handelnden Plattformen zum Status einzuholen. Die an sich automatisierte Auslieferung im programmatischen Geschäft erfordert also (wieder einmal) den persönlichen Kontakt zwischen Ein- und Verkäufer.

Anders sieht das natürlich beim Prinzip des open market aus, wo sich Ein- und Verkäufer in der Regel nicht kennen. Doch auch hier muss der Kontakt mit der jeweiligen Ein- oder Verkaufsplattform gesucht werden, um Klarheit zu erlangen mit welchem Preisfindungsmodell aktuell gearbeitet wird.

Klar ist: Das Thema ist relevant und der Zeitraum für Diskussionen kurz – möchte Google laut eigenen Angaben doch noch bis Ende des Monats (step-by-step) sämtliche Transaktionen nur mehr über first price auction abwickeln. (Peter Goigner, 28.9.2019)