Kabul – Überschattet von dutzenden Anschlägen haben die Afghanen einen neuen Präsidenten gewählt. Mindestens fünf Menschen wurden nach Behördenangaben bei der ersten Runde am Samstag durch Angriffe der radikalislamischen Taliban getötet und dutzende weitere verletzt. Die Öffnungszeiten der Wahllokale wurden wegen langer Schlangen um zwei Stunden verlängert. Dennoch blieb die Wahlbeteiligung niedrig.

Präsident Ashraf Ghani, der erneut für das Amt des Staatschefs kandidierte, hatte die 9,6 Millionen registrierten Wähler aufgerufen, trotz der Drohungen der Taliban vor der Wahl ihre Stimmen abzugeben. Landesweit sicherten nach Regierungsangaben rund 72.000 Soldaten die knapp 5.000 Wahllokale ab. In Teilen der Hauptstadt Kabul wurde eine Ausgangssperre verhängt. Lastwagen wurden aus Angst vor Selbstmordattentätern nicht in die Stadt gelassen.

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Während der Präsidentschaftswahl in Afghanistan verübten die radikalislamischen Taliban zahlreiche Anschläge.
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Anschläge nach Wahlbeginn

Bereits wenige Stunden nach Wahlbeginn gab es Sicherheitskräften zufolge bei Wahllokalen im ganzen Land Anschläge. Fünf Sicherheitskräfte seien dabei getötet und 37 Zivilisten verletzt worden.

Die Taliban reklamierten 531 Anschläge gegen die "falschen Wahlen" für sich. Die Abstimmung sei "gescheitert" und von der "großen Mehrheit" der Bevölkerung abgelehnt worden, erklärten die Aufständischen. Der Minister Asadullah Khalid sprach von 68 Angriffen auf Wahlbüros.

Besonders bei Frauen war Wahlbeteiligung im Krisenstaat sehr niedrig.
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Niedrige Wahlbeteiligung

Die Wahlkommission erklärte am Sonntagvormittag, dass nach Ergebnissen aus knapp der Hälfte der Wahllokale weniger als 1,1 Millionen Bürger zur Abstimmung gegangen seien. Insgesamt leben geschätzt etwa 35 Millionen Menschen in dem Krisenstaat. Auch Afghanistans Unabhängige Menschenrechtskommission vermeldete eine niedrige Wahlbeteiligung, besonders unter Frauen.

Insgesamt traten bei der Wahl 18 Kandidaten an. Amtsinhaber Ghani und sein langjähriger Kontrahent Abdullah Abdullah galten als Favoriten. Mit Ergebnissen wird nicht vor dem 19. Oktober gerechnet. Sollte keiner der Kandidaten im ersten Anlauf mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten, ist für November eine Stichwahl vorgesehen.

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Trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen gab es bereits kurz nach Wahlbeginn zahlreiche Anschläge.
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US-Botschaft besorgt

Auch die US-Botschaft in Kabul zeigte sich "beunruhigt über zahlreiche Beschwerden über die Sicherheit, einen Mangel an Fairness sowie über Betrug". Ein Sprecher von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres betonte, "jegliche gegen den Wahlprozess gerichtete Gewalt, einschließlich auf Wahllokale, Wahlhelfer und Wähler" sei "inakzeptabel".

Die Präsidentenwahl in Afghanistan sollte ursprünglich bereits im April stattfinden, wurde jedoch zwei Mal verschoben. Grund dafür waren unter anderem die inzwischen abgebrochenen Friedensverhandlungen zwischen den USA und den Taliban. (APA, 29.9.2019)