Dass die Maßnahmen von Robert Holzmann halten, wird bezweifelt.

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Das Wochenende war für die österreichischen Notenbanker ein reichlich bewegtes – auch abseits der Nationalratswahlen. Die Entscheidung des neuen Gouverneurs Robert Holzmann mit seinem Direktoriumskollegen Schock (beide von der FPÖ nominiert), die Personalchefin des Hauses zu kündigen und sofort dienstfrei zu stellen, hat hektische Betriebsamkeit ausgelöst. Dass sie dazu noch vom Sicherheitsdienst vor die Tür gesetzt wurde, hat das Fass zum Überlaufen gebracht.

Betriebsrat, Anwälte, die übrigen Direktoriumsmitglieder Gottfried Haber und Thomas Steiner sowie der Generalrat unter Leitung von Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer (alle ÖVP) konferierten stundenlang. Klar ist: Eine Sitzung des Direktoriums hat es nicht gegeben, das bestätigt auch die Vizechefin des Zentralbetriebsrats, Birgit Sauerzopf.

"Große Bedenken"

Im STANDARD-Gespräch qualifizierte sie die Vorgänge so: "Wir haben große Bedenken zur Vorgangsweise. Wenn man schon mit leitenden Angestellten so umgeht, wie wird man dann mit einfachen Mitarbeitern umgehen?" Ein Insider meinte zudem, Haber und Steiner seien "auf 1000", weil sie nicht eingebunden worden seien.

Holzmann schießt sich auf schwarze Manager ein.
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Der öffentlichkeitswirksame Rauswurf von Susanna Konrad-El Ghazi als eine der ersten Maßnahmen des neuen OeNB-Chefs wird naturgemäß von vielen parteipolitisch interpretiert. Der frühere Nationalbankpräsident Claus Raidl (ÖVP) bringt es so auf den Punkt: "Am Beispiel der Nationalbank sieht man, dass bei den Freiheitlichen immer das gleiche Muster entsteht, sobald sie in wichtige Positionen kommen. Sie entwickeln einen Machtrausch und eine Mentalität des Nehmens, nach dem Motto: Her mit dem, was uns zusteht."

Wird Schritt revidiert?

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer sagte, Türkis-Blau habe mit den Fehlbesetzungen einen großen Schaden angerichtet, der immer deutlicher sichtbar werde. In der ÖVP ist zu hören, dass man Holzmann dazu bewegen wolle, die Kündigung rückgängig zu machen. Das ist juristisch keine große Affäre, der Betroffene, in dem Fall also die Personalchefin, muss nur zustimmen.

Interessanterweise haben Holzmann und Schock keine der bisherigen Arbeitsrechtler der OeNB in die Sache eingebunden. Ein Anwalt war am Freitag aufseiten von Holzmann als Berater zwar dabei – aber laut Homepage der Wiener Kanzlei, für die er tätig ist, ist sein Fachgebiet Immobilien-, Stiftungsrecht und Nachlassplanung.

Betriebsrat fordert Rücknahme des Rauswurfs

Der Betriebsrat der OeNB erwartet jedenfalls, dass die "fatalen Entscheidungen" zurückgenommen werden. Das teilte die Belegschaftsvertretung der OeNB den Mitarbeitern am Montag in der Früh in einer schriftlichen "Information zu aktuellen Ereignissen" mit. Der Betriebsrat sei seit den "bestürzenden Ereignissen" in dauerndem Kontakt mit dem Management und dem OeNB-Präsidium, also mit Mahrer (ÖVP) und Barbara Kolm (FPÖ). Man erwarte, dass alles unternommen werde, "die Integrität des Hauses und seiner Mitarbeitenden unter Einbindung des Betriesbrates bestmöglich zu schützen".

Zweifel an Gültigkeit des Beschlusses

Eine der Fragen, die sich in der heiklen Angelegenheit zum Beispiel stellt, lautet, ob es nicht einen Beschluss des Direktoriums für die Kündigung der Personalchefin gebraucht hätte. Unklar ist zudem, ob die Frau überhaupt gekündigt werden kann. Mitarbeiter von Dienstbestimmung (DB) 1 und 2 sind so gut wie unkündbar – und die Personalchefin hat einen DB-2-Vertrag. Überdies wurde verabsäumt, den Betriebsrat zu informieren, womit die Kündigung nicht rechtswirksam sein dürfte.

Zudem ist der von den beiden Notenbank-Managern ins Treffen geführte Anlass für die sofortige Kündigung plus Dienstfreistellung – die Personalchefin habe das Direktorium nicht über die Kosten der Verlängerung einer Karenzierung eines bei der Aufsicht in Frankfurt tätigen Notenbankers informiert – von Involvierten in Abrede gestellt worden. Es gebe einen Beschluss dazu – gefasst habe den noch das "alte" Direktorium. Hintergrund dazu: Die Karenzierung hat Auswirkungen auf eine Einmalzahlung an den Mitarbeiter, die ihm zusteht, wenn er dereinst in Pension gehen wird.

Harald Mahrer wird die Vorgänge im Generalrat thematisieren.
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Weiterer Manager unter Druck

Schwer loszuwerden ist auch Hauptabteilungsleiter Stefan Augustin, dem ebenfalls mit Freisetzung gedroht worden sein soll, wenn der 62-Jährige nicht bis heute, Montag, seiner Pensionierung zustimme. Auch Augustin ist gut abgesichert, man könnte ihn nur im Wege eines Disziplinarverfahrens feuern.

Mahrer am Zug

Die Frage, ob die Entscheidungen rückgängig gemacht werden, ist offen. Ein Sprecher hat angekündigt, dass die OeNB erst am Montag Stellung nehmen wird. Nicht offen ist die Auswirkung auf die Stimmung im Haus, nämlich auch die zwischen ÖVP- und FPÖ-Zugehörigen. Mahrer sei "höchst verwundert", wie eine Sprecherin erklärte. Er will die Angelegenheit prüfen und ließ ausrichten, dass die Einberufung des Generalrats jederzeit möglich sei. In dem einem Aufsichtsrat ähnlichen Gremium könnten die Türkisen den Blauen das Wasser abgraben: Mahrer kann als Präsident die Geschäftsordnung bestimmen – und damit die Aufgabenbereiche der Direktoren. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 29.9.2019)