Es ist vor allen Dingen eine Teamleistung, sagt Christoph Hofinger.

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Dass wir bereits heute, kurz nach 17 Uhr mit einiger Sicherheit wissen, wie die Nationalratswahl ausgehen wird – und das, obwohl mehr als eine Million Briefwahlkarten noch nicht ausgezählt sind –, liegt an den immer präziseren Prognosen der Meinungsforscher.

Christoph Hofinger, der 1996 gemeinsam mit Günther Ogris das Politik- und Sozialforschungsinstitut Sora gründete, ist mittlerweile zum bekannten Gesicht jener Teamleistung avanciert. Er bringt den politisch interessierten Österreicherinnen und Österreichern Begriffe wie Schwankungsbreite, Auszählungsgrad und Trendsprengel nahe.

Der technische Fortschritt beschert dem 52-Jährigen nunmehr einen entspannteren Wahlsonntag. Die meiste Arbeit der Meinungsforscher wird nämlich in den Tagen vor der Wahl geleistet, und sonntags gilt es "nur" mehr die ausgezählten Stimmen in die Modelle korrekt einzuspeisen. Tatsächlich ist die Minute, in der er die Ergebnisse bereits sieht, diese aber noch der grafischen Aufarbeitung des ORF bedürfen, die nervenaufreibendste, gibt Hofinger zu. Die spannendste Wahl war für ihn die erste – später wiederholte – Bundespräsidentenstichwahl 2016, weil viele andere Prognosen hatten. Sora vertraute auf die eigenen Modelle und behielt recht.

Musikliebhaber mit Liebe für Präzision

Der gebürtige Tiroler, passionierte Hobbysportler und Musiker (mit Band) beginnt jeden Wahltag mit einer Laufrunde. Mittlerweile kann er danach mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Töchtern sogar traditionell per Urnenwurf wählen. Früher musste er aus Zeitgründen noch auf die Briefwahl zurückgreifen. Sobald gegen 15 Uhr ein letztes Mal die Systeme gecheckt werden, hält es Hofinger wie die Piloten: "Die haben für jeden möglichen Fall eine Checkliste, wir auch!"

Hofinger studierte Germanistik, Publizistik und Psychologie an der Universität Wien und vertiefte sich in soziologische Methoden, wobei ihm eigentlich zu Mathematik geraten wurde. Heute, seit 33 Jahren in Wien lebend, könne er in seinem Traumberuf alles vereinen und jeden Tag dazulernen.

Dass immer mehr Institute Umfragen möglichst schnell veröffentlichen und ganz Österreich auf einen schaut, erhöhe natürlich den Druck. Diesen nimmt Hofinger sportlich: "Als Abfahrer musst auch die Streif bewältigen können." Entscheidend sei aber die Präzision, immerhin ist eine gute Prognose "vertrauensfördernd für die Demokratie". (Fabian Sommavilla, 29.5.2019)