Die meisten Bilder von Schweinswalen, die zur Verfügung stehen, zeigen tote Tiere.

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Nur selten gelingt die Aufnahme eines lebenden Exemplars.

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Putzig sieht er aus, der kalifornische Schweinswal mit seinen dunklen Augen und dem großen Mund, der zu grinsen scheint. Doch wie lange es diese Spezies, die im nördlichen Golf von Kalifornien beheimatet ist, noch in freier Wildbahn geben wird, ist ungewiss. Dabei steht er seit 1991 unter internationalem Artenschutz. Doch nur noch 19 freilebende Exemplare sind in den Registern der mexikanischen Umweltschützer verzeichnet – und schuld daran ist die Mafia.

Denn die hat es auf den Totoaba oder Umberfisch abgesehen, der seinen Lebensraum in der Cortés-See mit dem Schweinswal teilt. Der Umberfisch gilt in der chinesischen Küche als Aphrodisiakum und Verjüngungsmittel. Außerdem wird das Kollagen in seiner Schwimmblase für bestimmte Suppenzubereitungen benötigt und gilt bei reichen Chinesen als Geldanlage und Prestigeobjekt. Deshalb zahlen Schmuggler den Fischern zwischen 450 und 2.700 Euro pro Kilogramm. In China und Hongkong kostet die gleiche Menge dann bis zu 73.000 Euro. Das ist eine höhere Gewinnspanne als bei Kokain. Die Totoaba-Schwimmblase ist deshalb auch als "Meeresdiamant" oder "Kokain der Meere" bekannt.

Schmuggel nach China

Küstendörfer wie Puerto Peñasco und San Felipe sind vom Fang des Totoaba reich geworden. Bis zu 9.000 Euro kann ein illegaler Fischer im Monat verdienen, doppelt so viel wie Mexikos Staatschef. Die Fischer entnehmen nur die Schwimmblase und werfen die Reste ins Meer oder lassen sie am Strand liegen. Die Blase wird dann versteckt in Milchkartons oder Autoreifen nach Tijuana oder Mexicali gebracht und dort an chinesische Schmuggler verkauft, die die Blase trocknen und außer Landes bringen.

In den riesigen Stellnetzen der Fischer verfangen sich neben den bis zu zwei Meter langen Totoaba immer wieder auch Schweinswale, Delfine, Schildkröten, Rochen und Haie und gehen qualvoll zugrunde. "Es ist ein Drama für die Biodiversität", klagt Oona Layolle von Sea Shepherd. Besonders für die Schweinswale, denn im Gegensatz zu den anderen Arten leben sie ausschließlich im nördlichen Golf von Kalifornien.

Geringeres Risiko

Auch der Bestand des Totoaba ist seit den 40er-Jahren um 95 Prozent geschrumpft. Seit 1993 steht der Totoaba unter Schutz. Doch zu verlockend ist die Gewinnspanne – und das Risiko, erwischt zu werden, ist deutlich geringer als beim Drogenhandel. In den vergangenen Jahren hat die mexikanische Regierung auf Druck der Umweltschützer die Kontrollen in der Region verstärkt. An Straßensperren rund um den Golf von Kalifornien werden Gepäck und Kofferräume gescannt. Doch das Netz ist löchrig. 2018 wurde am Flughafen von Mexiko-Stadt ein Chinese mit 416 Schwimmblasen im Gepäck festgenommen.

Die Schmuggler sind schwerbewaffnet und schrecken vor Gewaltanwendung nicht zurück. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Neulich griffen Fischer ein Patrouillenschiff von Sea Shepherd an und setzten es in Brand. Eine Drohne der Organisation wurde abgeschossen. Auch die Straffreiheit und die Bestechlichkeit der Sicherheitskräfte und der Justiz verhindern einen effektiven Kampf gegen die Raubfischerei: In fast allen Fällen kamen festgenommene Raubfischer und Schmuggler rasch wieder auf freien Fuß.

Wissenschaft als Hoffnung

"Mexiko hat nur leere Versprechungen gemacht und die 2016 vereinbarten Schutzmaßnahmen nur halbherzig implementiert", kritisiert Alejandro Olivera vom Zentrum für biologische Diversität. "Die Welt schaut auf Mexiko, und die Regierung muss die Raubfischerei endlich effektiv unterbinden."

Eine Lösung könnte aus der Wissenschaft kommen: Meeresbiologen ist es zusammen mit einem privaten Unternehmen gelungen, Totoaba in Farmen zu vermehren. Ähnliche Versuche mit den Schweinswalen hingegen sind gescheitert.

Auf das Schicksal der kleinen Meeressäuger aufmerksam macht im Moment auch eine Dokumentation mit dem Titel Sea of Shadows, deren Produzent Leonardo DiCaprio ist. (Sandra Weiss, 30.9.2019)