Ibiza hat noch nicht so gewirkt. Der 2500-Euro-Mietzuschuss für die 3500-Euro-Miete der Villa in Klosterneuburg hat massiv gewirkt. So könnte man das Abschneiden der FPÖ bei dieser Wahl erklären.

Womit sich die Frage stellt: Wie wichtig bleibt die FPÖ für unser Land? Sie ist eine rechtspopulistische, ja rechtsextreme Partei, mit hoher Anfälligkeit für Korruption und vielfach erwiesener Inkompetenz. Trotzdem gilt sie im Koalitionsspiel immer wieder doch als Regierungspartner.

Müssen wir weiter mit einer starken FPÖ leben? Die FPÖ ist auf ihre (immer noch beachtliche) Kernwählerschaft zurückgefallen. Ein großer Teil ist aber zu Sebastian Kurz übergelaufen. Die weltanschauliche Übereinstimmung war ja hoch. Es war bekannt, dass Strache das Bling-Bling-Leben liebt. Dann galt es die Gattin zu versorgen. Und eben: 2500 Euro Mietzuschuss. Aus Partei-(=Steuer-)Geld. Das war zu viel, in jeder Hinsicht.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky nach der ersten Hochrechnung.
DER STANDARD

Wie allgemeingültig ist das Ergebnis? Die FPÖ ist, gemeinsam mit dem früheren Front National in Frankreich, der Vorreiter all der rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien, die jetzt der Demokratie in Europa zusetzen. Ausländische Medien pilgern schon seit Jahren und Jahrzehnten zu uns, um zu ergründen, was Österreich zur Versuchsstation für rechtsextreme Wiedergeburt macht. Innerösterreichisch ging es lange Zeit nur darum, dass man um die FPÖ mitsamt ihren unzähligen NS-"Einzelfällen" nicht herumkam, wenn man der ewigen SPÖ-ÖVP-Koalition entkommen wollte.

Flügelkämpfe

Das Kernproblem mit der FPÖ ist aber, dass sie eine systemfeindliche Partei ist. Sie will letztlich nicht zum demokratischen Konsens dieser Republik gehören. Sie will etwas anderes, ein autoritäres System à la Viktor Orbán, Matteo Salvini und Wladimir Putin.

Eine entscheidende Frage für die Demokratie in Österreich ist daher: Bleibt die FPÖ eine wichtige Kraft in diesem Lande? Lassen sich Politiker wie Sebastian Kurz oder, viel wichtiger, eine nennenswerte Anzahl von Wählern davon beeinflussen, dass es mit der FPÖ immer und immer wieder schiefgeht?

Die FPÖ wird wahrscheinlich früher oder später in Flügelkämpfe verfallen. Der rabiate Herbert Kickl, dessen zwanghafte Gewaltfantasien ("rechter Haken", "aufs Hosentürl schlagen") den Wahlkampf beherrschten, wird wohl irgendwann versuchen, Norbert Hofer zu kippen (der größte Segen von Ibiza war ja, dass dadurch die Unterwanderung der Sicherheitskräfte durch Rechtsextreme gestoppt wurde). Es ist mit einer (weiteren) Radikalisierung der Freiheitlichen zu rechnen.

Schon gehört?

Wenn Kurz nicht glaubt, er könnte die FPÖ jetzt billig haben, wird die Partei in der Opposition fast zwangsläufig den Kurs einer weiteren Radikalisierung fahren. Ob das der Weg ist, um wieder den Status eines potenziellen Koalitionspartners zu erreichen, bleibt die Frage.

Unter dem Strich: Der Aufstieg der extremen autoritären Rechten in Österreich ist abgestoppt. Das lässt sehr viele Demokraten in diesem Land aufatmen. Allerdings zeigte auch die türkise Kurz-Partei Abneigung gegen Konsenspolitik. Wie es mit den demokratischen Standards insgesamt aussieht, wird stark davon abhängen, mit wem Sebastian Kurz eine Regierung bildet. (Hans Rauscher, 30.9.2019)

Es war der harte Kern, die "FPÖ-Familie", die in der Prateralm trotz hoher Verluste gefeiert hat. Viele sehen den Grund des Scheiterns im Timing der Skandalveröffentlichungen. Eine STANDARD-Videoreportage vom Wahlabend.
DER STANDARD