Ob Peter Pilz sich zum letzten Mal bei einer Nationalratswahl wählen konnte, ist noch offen.

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Kurz vor den ersten Hochrechnungen füllte sich der Schankraum des Aux Gazelles, eines marokkanischen Wiener Restaurants, in dem Jetzt – Liste Pilz den Wahlabend beging. "Es wird knapp", waren sich da noch alle einig. Mit den Briefwahlkarten sollte es sich irgendwie ausgehen, hofften die anwesenden Aktivisten. Als die Verluste der FPÖ deutlich wurden, jubelte man noch. Bei der ersten Hochrechnung der eigenen Partei wurde es plötzlich still.

Keine einzige Umfrage vor der Nationalratswahl hatte die Partei über der notwendigen Vierprozenthürde gesehen. Auch wenn der eine oder andere Funktionär zwischendurch die Hoffnung bereits verloren hatte – gegen Ende des Wahlkampfs konnte Peter Pilz in einigen der zahlreichen TV-Duelle punkten, und auf einmal glaubte man an die Überraschung. Letzten Endes blieb sie aus. Jetzt erhielt laut Hochrechnungen von Sora 2,0 Prozent und scheiterte damit klar am Einzug in den Nationalrat – doppelt so viel hätte es gebraucht. Viele Personen, die noch vor zwei Jahren Pilz ihre Stimme gegeben hatten, wechselten getreu dem Wahlspruch tatsächlich "zurück zu den Grünen".

Schon gehört?

Gleich lang Abgeordneter wie Kurz auf der Welt

Der deklarierte Aufdecker Peter Pilz wollte der "Stachel im Hintern der Mächtigen" sein und für Kontrolle im Hohen Haus sorgen. Daraus wird jetzt nichts mehr. Das Gründungsmitglied der Grünen war insgesamt mehr als 33 Jahre Abgeordneter in Landtag und Nationalrat – genau so alt ist Sebastian Kurz. 2017 hatte Pilz nach seinem Scheitern bei der Listenerstellung der Grünen sein Politprojekt gegründet.

Doch seit der Gründung gab es zu viele Turbulenzen und parteiinterne Querelen. Von den Vorwürfen sexueller Belästigung – später mangels Beweisen und teilweise wegen Verjährung eingestellt – gegen den Listengründer über den turbulenten Parteiausschluss Martha Bißmanns und die langwierige Obfrau- und Parteinamensuche bis zur unglücklichen EU-Wahlkampf-Unterstützung Johannes Voggenhubers und der nichterhaltenen Unterschriften dreier Jetzt-Abgeordneter für die Kandidatur – langweilig wurde es bei der Partei nie. "Anfangsschwierigkeiten und Kinderkrankheiten, die nicht verziehen wurden", resümiert Bundesgeschäftsführerin Herta Emmer.

Wohin geht die Reise?

Pilz-Sprecher Benjamin Weiser sprach von einer Stimmung, in der ein Votum für Jetzt als verloren schien, was "tödlich für die Mobilisierung, auch von Protestwählern", gewesen sei. Auch andere in der Partei sahen den Grund für das schlechte Abschneiden vor allem in der Medienberichterstattung und nicht bei sich selbst.

Herta Emmer sieht das Grünen-Comeback positiv, betrauert aber den eigenen Misserfolg.
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Wie es mit der Partei weitergehen wird, soll am Montag entschieden werden. Mancher Aktivist wünscht sich ein Antreten bei der Wiener Gemeinderatswahl 2020. Gerade hier brauche es eine Kontrolle von Rot-Grün. Für Emmer ist alles offen, für Pilz ist es keine aktuelle Sorge. Laut einer ersten Hochrechnung der Wien-Ergebnisse erreichte man dort rund 3,2 Prozent.

Unterschiedlich fielen die Reaktionen auf das Comeback der Grünen aus. Emmer sprach von einem "guten und tollen Comeback", während andere weit kritischer dem Ausscheiden von Peter Pilz nachtrauerten. "Die Grünen sind immer noch dieselbe Partei wie vor zwei Jahren. Früher habe ich immer die Grünen gewählt, dann gab es Peter Pilz. Wen sollen wir jetzt wählen?"

Wechsel in den Journalismus

"Ich bin natürlich enttäuscht", sagte Peter Pilz am vor Journalisten bei seiner Ankunft im Medienzentrum. Man habe zuletzt zwar eine Aufholjagd gestartet, aber: "Wir haben letztlich etwas zu wenig Zeit gehabt". Nun sei klar, dass kein Weg mehr ins Parlament führt, erklärte der Noch-Abgeordnete. Ob das Ergebnis auch das generelle Aus für die Liste Jetzt bedeutet, wollte Pilz nicht beantworten.

Der Steirer kündigte aber an, nunmehr die Seiten zu wechseln und Journalist zu werden. "Ich wechsle jetzt mal kurz die Seiten und werde ein Kollege von ihnen, ob ihnen das passt oder nicht", meinte Pilz zu den Medienvertretern. Künftig werde er sich um sein Online-Medium zack.zack kümmern. Erst einmal werde er einmal mit seiner Frau in den Süden, konkret Italien, fahren. (Fabian Sommavilla, Franziska Windisch, Marie-Theres Egyed 29.9.2019)