In Japan ist die Technologie so weit entwickelt, da gibt es sogar Menstruationsmaschinen. Nicht für den Massenmarkt, aber zumindest die Künstlerin Sputniko! hat sich eine solche gebaut und umgeschnallt: ein spacig aussehender silberner Gürtel, der die monatliche Regel mit Blut aus einem Tank am Rücken und mit Elektroden simuliert, die Schmerzen im Bauch verursachen. Könnten Technologien unser Verständnis füreinander verbessern? Japan ist eine Nation der Hochtechnologie, die oft nur Kompensation ist.
Österreich und Japan feiern heuer 150 Jahre diplomatische Beziehungen. Deshalb richtet das Q21 im Wiener Museumsquartier eine Schau zum Nippon aus. Ein Drehpunkt ist das Begriffspaar "honne" und "tatemae" für persönliche Gefühle versus gesellschaftskonformes Verhalten. Tabus sind körperlicher und sexueller Natur aber auch emotionaler. Japan unlimited ist so aufschlussreich, weil es kritisch Einblick gibt. Die Galerie eines Künstlers bat bei einem Werk gar, im Erklärtext nicht zu kritisch zu werden.
Politisierung seit Fukushima
Zu sehen ist etwa Makoto Aidas skandalöses Video der Rede eines fiktiven japanischen Premiers, der die nationalistischen Tendenzen seiner Regierung offenlegt. Anderswo geht es um Todesstrafe und staatlich forcierte Heteronormativität. Auf Tod durch Überarbeitung spielt Jake Knights Video an, in dem ein Angestellter vor Erschöpfung im Büro zusammenbricht. Als er sich eine Kamera umhängt, entdeckt er erst die Monotonie seines Alltags: kaum menschlicher Kontakt, Neonlicht.
Kurator Marcello Farabegoli beschäftigt sich schon lange mit zeitgenössischer und kritischer japanischer Kunst. Starke Traditionen und soziale Kontrolle machen es kritischen Positionen nicht leicht. Nachdem in den letzten Jahrzehnten Mangas als wichtigster Kulturexport eine Infantilsierung der Kunst vorantrieben, bemerkt Farabegoli seit dem Reaktorunfall von Fukushima eine Politisierung japanischer Künstler – auch wenn Zensur und Selbstzensur Kritik oft zwischen die Zeilen drängen.
Leere Gesten
Dafür hat er einige sehr explizite Werke international wahrgenommener japanischer Künstler versammelt. Miese Informationspolitik und solches Krisenmanagement bei Fukushima beschäftigt Arbeiten wie einen Trickfilm, der leere Entschuldigungsgesten der Manager des AKW-Betreibers zeigt, die wie den Gesetzen enthoben niederschweben und nach drei Verbeugungen wieder jeder Verantwortung entschwinden.
Künster Edgar Honetschläger, der lange in Japan gelebt hat und sich mit dem Foto einer Betonfabrik in einem Wald nahe Tokio über den westlichen Einfluss Gedanken macht, meint, hierzulande würde Japan wegen seiner Ästhetik und des Essens verherrlicht und darüber verharmlost. (Michael Wurmitzer, 30.9.2019)