Staatsgäste residierten in der DDR durchaus luxuriös in der exklusiven Hotelkette "Interhotels". Was sie nicht wussten: Die Abhörwanzen lauerten unter anderem im Cocktailglas.

Theo Kust

Die Aktentasche von Staatskanzler Metternich steht symbolisch für den restriktiven Spitzel- und Polizeiapparat, den dieser in der Monarchie etablierte. Revolutionäre brachen 1848 das Schloss der Tasche auf.

Theo Kust

Tarnen und täuschen im Kalten Krieg: Ein Glasauge als Versteck für Botschaften, ein Lippenstift als tödliche Waffe.

Theo Kust

Der Fotoapparat im Schuhabsatz ist keine Erfindung von Spionagefilmen, es gab ihn tatsächlich.

Theo Kust

Die Maschine Enigma wurde von den Nazis zur Verschlüsselung ihrer Funksprüche verwendet. Dem Briten Alan Turing gelang die Entschlüsselung des Codes, was die Dauer des Zweiten Weltkriegs schätzungsweise um zwei Jahre verkürzte.

Theo Kust

Orson Welles trieb es in Der dritte Mann (1949) tief in die Kanalisation Wiens hinunter, Tom Cruise seilte sich in Mission Impossible (2015) vom Dach der Wiener Staatsoper ab, James Bond gastierte in wechselnder Besetzung und meist auf Skiern überhaupt schon viermal in der Alpenrepublik. Österreich, das führt Hollywood nur zu gern vor Augen, gilt von jeher als Drehscheibe der internationalen Spionage- und Geheimdiensttätigkeit.

Die Gründe dafür liegen damals wie heute auf der Hand: die exponierte Lage als östlichster Vorposten des Westens, einst mit einem Ohr am Eisernen Vorhang, die (zumindest behauptete) geopolitische Neutralität, eine Vielzahl ansässiger internationaler Organisationen und eine bestenfalls gemütliche Öffentlichkeit, der das Schnitzerl auf dem Teller wichtiger scheint, als ein Blick hinter die weltpolitischen Verhältnisse.

Während Wien das 70-Jahr-Jubiläum von Der dritte Mann mit Publikationen, Veranstaltungen und Ausstellungen zum Thema feiert, versucht das Haus der Geschichte Niederösterreich in St. Pölten eine Gesamtbetrachtung: Spionage! 39 Fälle ist die optisch wie inhaltlich ansprechende Schau betitelt, die die Geschichte der Spionage von der Antike bis Edward Snowden nachzeichnet. 39 Fälle – eine Referenz auf Hitchcocks Spionagefilmklassiker Die 39 Stufen -werden anhand von Schlüsselobjekten aus heimischen und internationalen Sammlungen geschildert – in aller Kürze und klar strukturiert.

Spitzel im Burgtheater

Wo sich die Populärkultur von jeher mehr für Spionage zwischen Staaten begeistert, fokussiert die Ausstellung stärker auf Überwachung nach innen. Eine lederne Aktentasche von Fürst Metternich steht für den enormen Aufwand, den der k. u. k. Staatskanzler betrieb, um die Freiheitsbestrebungen der Bürger im Vormärz zu unterdrücken. In "Schwarzen Kabinetten" der Postämter wurden massenhaft Briefe geöffnet und abgeschrieben, die Zensur kannte keine Grenzen. Metternichs Aktentasche, schon den Zeitgenossen offenbar Sinnbild für die Repression, wurde 1848 von Revolutionären aufgebrochen.

Schrullig wirken dagegen die unverwirklichten Pläne des Jesuiten Athanasius Kircher aus der Zeit des Barock. Er entwarf Abhöranlagen für den Einsatz im höfischen Palast, bei denen die Flüsterpost stilecht aus den Mündern schmucker Skulpturen schallen sollte. Geschildert werden die allseits bekannten Fälle der Doppelagenten Oberst Redl und Mata Hari oder die Methoden des britischen Agenten und Pfadfindergründers Robert Baden-Powell, der militärische Frontverläufe in Skizzen von Schmetterlingsflügeln verstecken konnte.

Der Denunziationsapparat der Gestapo wird anhand der Person Otto Hartmann vorgeführt: Der Burgschauspieler berichtete jahrelang an die NS-Behörde, spähte Widerstandsgruppen wie "O5" aus und stachelte diese als Agent provocateur an. Ausgestellt ist Hartmanns Ausweis bei "O5", mit dem er nach Kriegsende vergeblich versuchte, sich als Widerständler auszugeben.

Nahe an James Bond

Die Objekte aus der Zeit des Kalten Kriegs zeigen, wie nah man an James Bond mitunter wirklich dran war. Da sind die erst 1996 ausgehobenen geheimen CIA-Waffendepots in ganz Österreich, da ist aber auch die Messerklinge im Lippenstift, die Knopfloch- und Schuhabsatzkamera, Revolver von der Größe eines Fingernagels (bis 2008 in Österreich produziert), die Abhörwanze in der Cocktailkirsche oder der Maskierungskoffer mit falschen Brillen und Perücken für DDR-Agenten. Fun Fact: Ab den 1980er-Jahren beklagten sich die Schlapphüte bei ihren Vorgesetzten, dass ihre Verkleidung im Westen mittlerweile zu "auffällig", weil nicht mehr der Mode entsprechend sei.

Schnell im Hals stecken bleibt das Lachen allerdings beim Nachhören von Telefonanrufen bei der Stasi, in denen Zivilpersonen ihre Nachbarn denunzieren. Beim Übergang ins Digitalzeitalter schließlich verliert das Thema überhaupt jede Unschuld. Von NSA und Edward Snowden bis zur chinesischen Totalüberwachung führt die Schau unheimlich eines vor Augen: dass heutige Überwachungsmethoden im wahrsten Sinne kaum noch zu begreifen sind. Wird das Haus der Geschichte in 20 Jahren Computerfestplatten ausstellen? (Stefan Weiss, 1.10.2019)