Während sich alle anderen Elektroautos und Plug-in-Hybride auf dem elektrischen Spannungsniveau von ungefähr 400 Volt bewegen, hat Porsche mit dem Taycan nun die 800-Volt-Liga ausgerufen. 800 Volt hat einige Vorteile: Höhere Spannung, weniger Leitungsquerschnitt, der Strom fließt leichter: Die Kabel sind dünner, man spart alleine dort ungefähr 30 Kilogramm Kupfer ein. Was aber noch viel bedeutender ist: Der Energiefluss zwischen Batterien, Motoren und Ladestation verläuft mit geringerem Widerstand und schneller, was die Performance von Energieabgabe und Energiezufuhr deutlich erhöht, kurzum die ganze Dynamik des Antriebs. Die Batterie erwärmt sich bei hoher Leistungsabgabe weniger, es muss weniger Energie abgeführt werden, es kommt mehr davon bei den Rädern an. Hohe Leistungsabgabe kann nahezu beliebig oft wiederholt werden, ohne dass die Elektronik wegen Überhitzung zurückregeln muss.

Schneller laden mit 800 Volt: von fünf auf 80 Prozent in 22 Minuten – oder: 100 km Reichweite in fünf Minuten.
Foto: Porsche

Reproduzierbarkeit

Das ist wohl der springende Punkt: Während Tesla seine phänomenalen Fahrleistungen vielleicht dreimal wiederholen kann, bis das System heiß wird und die Leistung drastisch zurückgeregelt wird, schafft das Porsche mindestens so oft, bis allen Insassen inklusive Fahrer schlecht ist. Akademisch ausgedrückt: Reproduzierbarkeit des nackten Wahnsinns größer zehn.

Inzwischen ist das Thema 800 Volt in der Elektroautowelt bereits angekommen. Die High-Power-Ladesäulen von Ionity (Porsche war bei der Entwicklung auch dabei) mit einer Ladeleistung bis zu 350 Kilowatt arbeiten mit bis zu 800 Volt. Der Taycan ist in der Lage, dort mit bis zu 270 kW zu laden. An diesen Ladesäulen können aber auch normale Elektroautos mit 400 Volt geladen werden. Sie schöpfen dann je nach Bordelektrik bis zu 150 kW aus. Das Laden einer Batterie ist ja ein chemischer Prozess, der eine gewisse Zeit benötigt, die ist im Fall des Taycan aber schon recht kurz: 100 Kilometer Reichweite können bei 800 Volt in fünf Minuten geladen werden. Von fünf Prozent Ladezustand auf 80 Prozent kommt der Taycan in 22,5 Minuten.

Bei der Instrumentierung bleibt sich Porsche sich weitgehend treu, abgelesen werden können jetzt Ladestand und Reichweite.
Foto: Porsche

Das sind wahre Beschleunigungswerte des anbrechenden Elektrozeitalters. Wenn man, wie bei einem kräftigen Elektroauto üblich, von null auf 100 km/h bereits unter drei Sekunden liegt, ist hier ja nicht mehr viel zu holen. Noch kurz zur Ladestrategie: Die vollen 270 Kilowatt sind nur bis 40 Prozent Ladezustand möglich, dann wird bis zur 80-Prozent-Marke in Richtung 150 kW reduziert, danach noch weiter.

Aber nicht nur das Laden, auch das Rekuperieren, also die Energierückgewinnung im Schiebebetrieb und beim Bremsen, funktioniert bei 800 Volt viel besser – es ist eine Grundvoraussetzung für akzeptable Reichweiten. Denn auch die Rekuperationsleistung reicht bis zu 265 kW. Bis zu 3,8 m/s2 Bremsbeschleunigung schafft der Taycan über das Rekuperieren, bevor die Radbremsen mithelfen müssen. Bei anderen Elektroautos liegt dieser Schwellenwert bei 1,6 m/s2. (Rudolf Skarics, 7.10.2019)