"Mehr als eine Wahl war es eine Revolution", kommentiert die italienische Zeitung "Corriere della Sera".
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"Die Welt" (Berlin): Mutiger werden

"Kurz muss noch mutiger werden, er muss neu denken, und er sollte künftig in seinem Regierungsstil etwas demütiger werden. Eine Föderalismusreform ist seit Langem überfällig, ebenso eine Radikalkur für das Rentensystem. In der Schulpolitik ist mehr Wettbewerb notwendig. Auch die Ökologisierung und Digitalisierung der Wirtschaft sollten angepackt werden. Das wird ohne Einschnitte nicht gehen. Trotzdem – Kurz kann es schaffen. Die Konservativen sind in Österreich so stark wie fast nirgendwo in der Europäischen Union."

"Bild" (Berlin): Was Kurz kann

"Es ist ein Triumph, den Volksparteien so in Europa kaum noch feiern können: Sebastian Kurz, der jüngste Altkanzler der Welt, wird schon bald wieder der jüngste Regierungs-Chef der Welt sein – mit einem noch besseren Ergebnis als bei der letzten Wahl! Kurz' Sieg und sein Wahlkampf zeigen, was ER kann und was in Deutschland der CDU, seiner Schwester-Partei, an der Spitze fehlt: Klare Themen-Setzung, rhetorisches Talent, wenig Fehler.

Und er kann jetzt etwas schaffen, was Merkel in Deutschland nicht gelungen ist: Schwarz-Grün, oder eine in Österreich 'Dirndl'-Koalition genannte Zusammenarbeit mit Grünen und Neos. Damit wäre Kurz dann ein politisches Vorbild in ganz Europa."

"The Guardian" (London): Widerstand gegen ÖVP-FPÖ-Bündnis

"Für Kurz würde ein erneuerter Pakt mit einer geschwächten extremen Rechten wahrscheinlich das Kräfteverhältnis zu seinen Gunsten kippen. Vor der Wahl schien er bereits ausgeschlossen zu haben, Kickl einen weiteren Posten zu übergeben. Kurz weiß auch, dass er den aggressiven Stil der Rechtspopulisten leichter eindämmen kann, indem er sie in der Nähe hält, anstatt sie auf die Oppositionsbänke zu schieben. Dennoch gibt es im ganzen Land starken Widerstand gegen ein ÖVP-FPÖ-Bündnis sowie in Kurz' Partei."

"Corriere della Sera" (Mailand): Eine Revolution

"Mehr als eine Wahl war es eine Revolution. Kurz räumt bei der österreichischen Wahl ab und bringt die ÖVP zum zweitbesten Ergebnis ihrer Geschichte. Der Triumph des ehemaligen und künftigen Kanzlers wird von einer radikalen Veränderung der Wiener politischen Landschaft begleitet, die den Zusammenbruch der extremen Rechten, einen großen Erfolg der Grünen nach dem Modell ihrer deutschen Zwillingsbrüder und Souffleure, die Bestätigung der Krise der Sozialdemokratie, die jedoch nicht existenzielle Ausmaße wie in Deutschland annimmt, bedeutet.

"Washington Post" (Washington): Goldjunge der Rechten

"Er hatte einen harten Kurs in der Einwanderungspolitik eingenommen, rühmte sich für die Schließung der Hauptrouten für Flüchtlinge nach Europa, aber seine Regierung behielt eine proeuropäische Agenda. Jedoch im Sog des Ibiza-Skandals und nachdem der Klimawandel die Einwanderung als Hauptsorge der Wähler verdrängte, könnte sich Kurz laut Beobachtern auch anderswo einen Regierungspartner suchen. Kurz, der Goldjunge der Rechten, hat es unterlassen, im Wahlkampf irgendeine Koalitionsvariante auszuschließen."

"Politico" (Brüssel): Politisches Labor

"Österreich ist ein politisches Labor: Wenn wir uns nicht irren, ist die Stimmung im Netzwerk der Europäischen Volkspartei, in die Kurz bald als führende Persönlichkeit zurückkehren wird, dahingehend, grüne Wähler zu umarmen und grüne Parteien zu umwerben, indem sie ihnen einen Weg in die Exekutive auf nationaler Ebene anbietet."

"Mlada Fronta Dnes" (Prag): Kurz' Aufstieg geht weiter

"Kurz, der die Österreicher mit Rasanz und Dynamik begeistert hat, bleibt der, der das Geschehen bestimmt. Gegen Kurz, der die Regierungsverantwortung mit der FPÖ geteilt hat, haben die Wähler die Unzufriedenheit nicht gerichtet. Die Aufstiegskarriere eines Politikers (...) wird so fortgesetzt." (1.10.2019)