Früher war an der Ecke Vorgartenstraße/Ennsgasse ein Bipa. Heute leuchtet es da immer noch in Rosa, ein bisserl Türkis ist noch dazugekommen. Vor allem aber funkeln Stahl, Glas, auf Hochglanz polierter Stein. "Kein Architekt hat verstanden, was ich mit dem Retro realisieren wollte", sagt Dejan Jevremovic, der Betreiber des neuen Restaurants. "Die sind alle mit so VW-Bulli-Designs dahergekommen".

Also hat er es selber gemacht und eine Bude hingebaut, die seiner Nostalgie nach Miami Vice, der legendären Luxus-Drogencop-Serie aus den 1980ern entspricht: Eine fette Bar, zahllose Lederfauteuils, mächtige, von hinten in rosa Neon beleuchtete Spiegel, dazu ein Natursteinboden, der im Untergeschoss und im WC-Trakt wie in einer Thermenlandschaft bis an die Decke hochgezogen wurde – noble Zurückhaltung war nicht das Thema.

Das Retro auf der Vorgartenstraße soll an ganz früher erinnern – konkret an eine US-Krimiserie der 1980er-Jahre.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Und erst die Küche: fast so groß wie der Rest des Lokals, mit einem Pass aus schwarz funkelndem, brasilianischem Granit, dahinter ein riesiger Pizzaofen, ein chromblitzender Holzkohlengrill, außerdem eine eigene Station, wo sich drei Spanferkel gleichzeitig über der Glut drehen können – von der Lohberger-Kücheninsel mit zahllosen Induktionsplatten ganz abgesehen.

"Paco-Jet für unsere hauseigene Eisproduktion haben wir auch, Thermomix und Kombidämpfer sowieso und sechs verschiedene Biere vom Fass – wohlgemerkt ohne Brauereivertrag", sagt Jevremovic, es könnte ja sein, dass jemand bei der Umschau etwas übersehen hätte.

Die Speisekarte sieht dementsprechend aus: alles da, was man sich vorstellen kann, und ein bisserl mehr noch dazu. Tomahawk-Steak (US-Beef, 48 Euro) und Trüffel-Steinpilz-Pizza (12,50 Euro) müssen offenbar sein, Burger und Tuna-Tartare ebenso, dazu Adana-Kebap und im Ganzen gegrillter Branzino, Schweinsbraten und frittierte Ährenfische, außerdem Rindsrouladen mit Bandnudeln, Club Sandwich und Kaiserschmarren oder eben Pljeskavica und Spanferkel. Letzteres wird nach dem Grillen entbeint, zu einer an Porchetta erinnernden Rolle gezurrt und vor dem Servieren im Pizzaofen nachgeknuspert.

Der Service ist sehr zuvorkommend, wirkt angesichts der Fülle des Angebots aber noch etwas überfordert. Es kann schon passieren, dass die Cevapcici zwar wunderbar elastisch und saftig, aber nur lauwarm zu Tisch kommen.

Oder dass die Bandnudeln zu den wirklich guten Rindsrouladen zwar bissfest sind, aber auch lauwarm zusammenkleben – ein bisserl mehr vom gar sparsam geschöpften Saftl wäre auch kein Fehler gewesen.

Frisch gebohnert

Serbische Bohnensuppe, wie es sich gehört mit Selchripperl und rotem Pfefferoni.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Serbische Bohnensuppe, wie es sich gehört mit Selchripperl und rotem Pfefferoni (siehe Bild), ist jedenfalls monumental gut, da musste tatsächlich eine weitere Portion her. Frittierte Ährenfische mit Kräuter-Ingwer-Rahm sind frisch und knusprig, die Pizza, eher römisch-dünn als neapolitanisch-ziehig, kommt über guten Durchschnitt nicht hinaus.

Schnitzel vom Schwein, laut Speisekarte "Best in Town" (aber mit deutlichem Fritterfett-Aroma), leider auch nicht – 10,80 Euro ohne Salat wirken zudem forsch kalkuliert.

"Ich hab' viele Lieblingslokale", sagt Betreiber Jevremovic, "aber überall sind nur zwei, drei Speisen wirklich top. Mein Ziel war es, alle diese Lieblingsgerichte am Punkt und in einem Lokal zusammenzubringen." Das klingt natürlich skurril.

Anderseits ist die Ambition, es sich als Restaurantbetreiber zuerst einmal selbst recht zu machen, nicht der schlechteste Ansatz für ein Lokal, das klare Konturen statt weichgespülter Beliebigkeit vertritt. Bei so vielen so verschiedenen Lieblingsgerichten könnte der Gesamteindruck aber erst recht genau darauf hinauslaufen. (Severin Corti, RONDO, 4.10.2019)

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