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Facebook will Libra im kommenden Jahr einführen. Mehrere Baustellen könnten den Start jedoch verzögern.

Foto: Reuters / Dado Ruvic

Als Facebook die Gründung seiner eigenen digitalen Währung Libra ankündigte, war die Euphorie groß. Wenn ein Unternehmen wie Facebook so einen Schritt plane, könne das die Kryptowährungen in Summe pushen – so die Annahme. Doch Kritik und aufsichtsrechtliche Hürden ließen nicht lange auf sich warten. Nun überdenken laut US-Medien auch einige große Partner ihr Libra-Engagement.

Die Kreditkartenriesen Visa und Mastercard sowie andere Finanzpartner seien durch den Widerstand aus der Politik in den USA und Europa (allen voran Deutschland und Frankreich) abgeschreckt, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf Insider. Demnach sei Facebook bei einigen der beteiligten Unternehmen mit der Bitte abgeblitzt, Libra öffentliche Unterstützung auszusprechen. Nach Informationen des Finanzdienstes Bloomberg sind auch die Online-Bezahldienste Paypal und Stripe wegen des regulatorischen Gegenwinds inzwischen unentschlossen.

Kein neues Geld

Facebook hatte jüngst erst versucht, Bedenken von Aufsehern zurückzuweisen, wonach Libra in die Hoheit von Notenbanken eingreifen könnte. Bei der Digitalwährung werde kein neues Geld ausgegeben, was souveränen Staaten vorbehalten bleibe, betonte der beim Online-Netzwerk für die Entwicklung von Libra zuständige Manager David Marcus.

Libra soll nach bisherigen Plänen eins zu eins mit einem Korb von stabilen Währungen und Staatsanleihen abgesichert werden. Wenn jemand Libra mit einer klassischen Währung kauft, soll das Geld direkt in diesen Fonds gehen. Libra würde dann als System für schnelle internationale Überweisungen fungieren. Politiker und Regulierer befürchten aber, dass der Fonds angesichts der enormen Nutzerzahlen von Facebook (2,4 Milliarden Menschen sind registriert) zu Verwerfungen auf den Geldmärkten führen könnte und Libra im internationalen Geldsystem langfristig eine wichtige Rolle spielen könnte.

Hohe Standards gefordert

Notenbanker, Aufseher und Politiker haben daher starke Vorbehalte gegen Cyberdevisen wie Libra. Im Juli forderte die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7), dass Digitalwährungen den höchsten AufsichtsStandards genügen müssen und die Stabilität des Finanzsystems nicht gefährden dürfen.

Facebook wollte ursprünglich die geplante Digitalwährung im kommenden Jahr einführen. Ende September ließ Bertrand Perez, Chef der Libra Association, aber durchklingen, dass ob der Bedenken die Einführung der Währung verschoben werden könnte.

Die Gesellschaft hinter Libra, die Libra Association, sitzt in Genf. Daher wurde bei der Schweizer Aufsichtsbehörde Finma ein Antrag auf eine Lizenz als Zahlungssystem gestellt. Das Projekt wäre nach Schweizer Recht dem Geldwäschereigesetz unterstellt. Wegen der Ausgabe eigener Zahlungstoken würde Libra zudem klar über ein reines Zahlungssystem hinausgehen und deswegen zusätzlichen Anforderungen unterliegen, teilte ein Sprecher der Finma mit. So müssten etwa bankähnliche Risiken auch bankähnlichen Regulierungsanforderungen unterliegen.

Weckruf für Notenbanken

Für Notenbanken sollte das Projekt Libra jedenfalls ein Weckruf sein, sagte EZB-Direktor Benoît Coeuré zuletzt. Der Bedarf an einem schnellen, verlässlichen und günstigen grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr werde sicherlich in den kommenden Jahren noch zunehmen, so der Experte. Dafür bräuchte es Antworten. Bei Kryptowährungen etwa gelte es insbesondere, rechtliche Fragen abzuklären. Es müssten mögliche Konflikte durch unterschiedliche juristische Regelungen in den einzelnen Staaten angegangen werden.

Finanzmarktexperten rechnen im nächsten Jahrzehnt nicht mit einem globalen Siegeszug von Digitalgeld und einer massenhaften Verbreitung neuer Kryptozahlungsmittel. Für Ende 2030 wird die Wahrscheinlichkeit, dass digitale Währungen das Hauptzahlungsmittel sein werden, im Durchschnitt mit 23 Prozent veranschlagt, so das jüngste Ergebnis einer Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung. (Bettina Pfluger, 2.10.2019)