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Ein Archivbild aus dem April 2019 von der Frontlinie bei Marinka in der Ostukraine.

Foto: AP Photo/Evgeniy Maloletka

Kiew/Minsk – Im Ringen um Frieden im Kriegsgebiet in der Ostukraine haben die Konfliktparteien eine wichtige Einigung erzielt. Vertreter der ukrainischen Regierung und der prorussischen Separatisten aus Luhansk und Donezk unterzeichneten am Dienstag eine Vereinbarung über einen Sonderstatus der umkämpften Regionen.

Damit sei der Weg frei für ein Gipfeltreffen im so bezeichneten Normandie-Format mit den Staaten Frankreich, Deutschland, der Ukraine und Russland, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Ein Datum für das Treffen solle demnächst folgen.

In der weißrussischen Hauptstadt Minsk hatte zuvor die Kontaktgruppe in dem Konflikt getagt. Die an den Gesprächen beteiligte Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilte mit, dass auch ein weiterer Rückzug von Truppen vereinbart worden sei. Dieses als Entflechtung bezeichnete Verfahren soll bei den Ortschaften Petriwske und Solote zu einer Entmilitarisierung führen. Nach OSZE-Angaben soll diese am 7. Oktober neu beginnen. Schon im Herbst 2016 waren beide Frontabschnitte kurzzeitig entmilitarisiert worden.

Sonderstatus

Konkret geht es bei der Vereinbarung zum Sonderstatus um die sogenannte Steinmeier-Formel für das Kriegsgebiet Donbass. Die nach dem deutschen Bundespräsidenten und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier benannte Formel sieht vor, dass die von der Ukraine abtrünnigen Regionen Luhansk und Donezk einen vorläufigen Sonderstatus erhalten.

"Die Steinmeier-Formel wird in ein neues Gesetz eingearbeitet, das es noch nicht gibt", sagte Selenskyj nach der Sitzung der Kontaktgruppe. Russland hatte der Ukraine zuletzt einen Boykott der Formel vorgeworfen. Selenskyj bekannte sich nun öffentlich dazu. Gleichwohl gibt es zur Umsetzung dem Vernehmen nach weiter unterschiedliche Auffassungen.

Die von Russland unterstützten Separatisten verstehen sie so, dass der Status vorerst vorübergehend gilt, bald Wahlen unter Beobachtung der OSZE abgehalten werden und es anschließend zu einer Entwaffnung kommt. Nach der Anerkennung des Urnengangs durch die OSZE soll es zu einem dauerhaften Sonderstatus kommen. Dagegen sagte Selenskyj, dass es demokratische Wahlen unter vorgehaltenen Sturmgewehrläufen nicht geben könne.

Bedingungen

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte zuletzt kritisiert, dass die Ukraine die bereits getroffenen Vereinbarungen des Friedensplans von Minsk 2015 ändern und neue Bedingungen stellen wolle. Er führte das auch als eine Erklärung dafür an, warum der von Frankreich und Deutschland immer wieder geforderte Gipfel mit der Ukraine und Russland im so bezeichneten Normandie-Format nicht zustande kommt. Gleichwohl hatte die russische Seite zuletzt immer wieder Bereitschaft dazu signalisiert.

Für einen Gipfel sei es nötig, auf dem Bisherigen aufzubauen und weitere Ergebnisse in den Blick zu nehmen, hatte Peskow gesagt. Seit dem Machtwechsel im Frühling gibt es international die Hoffnung, dass unter Selenskyj Frieden in der Ukraine möglich ist. Am 7. September hatten Kiew und Moskau 70 Gefangene – 35 auf jeder Seite – ausgetauscht. Das war in Russland, aber auch international als Zeichen möglicher Fortschritte bei einer Lösung des Ukraine-Konflikts gewertet worden.

Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas äußerte sich zuversichtlich. "Ich freue mich, dass die konstruktive Atmosphäre in der trilateralen Kontaktgruppe in Minsk heute zu lang erhofften Fortschritten geführt hat. Damit steht die Tür zu einem N4-Gipfel und weiteren Etappen bei der Umsetzung der Minsker Abkommen offen", erklärte der Minister in Berlin. (APA, 2.10.2019)