Gastarbeiter in Katar leiden unter den hohen Temperaturen. Bewusstseinstrübungen, Erbrechen, Krämpfe und Kopfschmerzen sind nur einige Symptome, die für einen Hitzeschlag sprechen. Im Ernstfall gibt das Herz nach.

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Doha/Wien – Damit die Weltstars nicht bei über 40 Grad Fußball spielen müssen, wurde die WM 2022 in Katar auf Dezember verlegt. Das ist ein schwacher Trost für hunderttausende Gastarbeiter, die im Vorfeld des Großereignisses auf den Baustellen bei unzumutbaren Temperaturen schuften. Hunderte von ihnen, meist junge Männer, sterben jedes Jahr an Herz-Kreislauf-Versagen. Die Regierung des reichen Ölstaats hat vor Jahren auf Kritik reagiert: In den heißesten Sommermonaten Juni und August sind Arbeiten unter freiem Himmel zwischen 11.30 und 15 Uhr untersagt.

Eine Auswertung der Wetterdaten des "Guardian" über die vergangenen neun Jahre belegt jedoch, dass die Zustände auch außerhalb dieser Zeiten oft unzumutbar waren. Auch in vergleichsweise kühleren Monaten wie im Oktober werden zwischen 9 und 12 Uhr Temperaturen erreicht, die von Kardiologen als gesundheitsschädlich eingestuft würden.

Während der aktuell laufenden Leichtathletik-WM in Katar messen sich die Sportler in gekühlten Stadien, während die Bauarbeiter auch vormittags Temperaturen bis zu 38 Grad ausgesetzt sind, wie ein Blick auf die aktuellen Wetterkarten zeigt – Thermometer messen die Lufttemperatur wohlgemerkt im Schatten.

Vermeidbare Todesfälle

Die Behörden sprechen von "natürlicher Todesursache", wenn Gastarbeiter fatal kollabieren. Eine jüngere Studie von Kardiologen und Klimaforschern, die 1.300 Todesfälle von nepalesischen Gastarbeitern in Katar untersuchten, zeigte einen engen Zusammenhang zwischen höheren Temperaturen und Todesfällen.

Insgesamt wurden 571 der Todesfälle Herz-Kreislauf-Problemen zugeschrieben. Wenn junge Männer, die nach ihrer Fitness als Gastarbeiter ausgesucht würden, zu Hunderten an Herzversagen sterben, sei die Ursache klar, sagt Coautor Dan Atar, Kardiologe am Universitätsspital in Oslo, dem "Guardian". "Ihre Körper können dem Hitzedruck nicht standhalten."

Laut Behörden seien die Bauunternehmen angehalten, Hitzevorkehrungen für die Arbeiter zu treffen. Einzelgespräche mit Journalisten würden jedoch bestätigen, dass weder limitierte Arbeitszeiten überall eingehalten würden, noch der Zugang zu gekühlten Räumen und Schutzkleidung verfügbar sei. Auch die medizinische Versorgung der Gastarbeiter sei laut Betroffenen oft mangelhaft oder gar nicht gegeben, wie die Recherchen des "Guardian" zeigen. Letzteres ist besonders tragisch: Über ein Drittel der Todesfälle hätte mit der richtigen Behandlung verhindern werden können, ist Atar überzeugt. (red, 2.10.2019)