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Trump hat den Kampf gegen illegale Migration zu seinem Leibthema erklärt.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

Wer die Migrationspolitik des US-Präsidenten ohnehin schon als rigoros empfand, der oder die dürfte angesichts der neuesten Enthüllungen der "New York Times" ordentlich schlucken. Die US-Zeitung veröffentlichte erste Informationen aus dem geplanten Buch zweier ihrer Mitarbeiter über die Migrationspolitik von Donald Trump, die zeigen, wie weit der Präsident bereit wäre zu gehen, wenn es nur nach ihm ginge. Demnach brachte Trump unter anderem den Plan ein, die amerikanische Grenze zu Mexiko sofort gänzlich dichtzumachen, was Angehörige seines Regierungskabinetts und seiner Behörden verhinderten, nachdem sie ihm die Probleme vorgetragen hatten, die etwa für US-Touristen in Mexiko, für die Wirtschaft oder Schülerinnen und Schüler in der Grenzregion entstehen würden.

Ebenfalls abgebracht worden ist Trump von der Idee, auf Migranten zu schießen, da so ein Vorgehen illegal wäre. Auch der Einfall, zumindest in die Beine zu schießen, wurde mit Hinweis aufs Gesetz abgeschmettert. Beauftragt wurden seine Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter außerdem mit der Aufstellung eines Kostenvoranschlags über die Errichtung von mit Schlangen oder Alligatoren gefüllten Gräben. Zudem schwebte ihm die Idee vor, die bestehende Grenzmauer unter Strom zu setzen und mit spitzen Zacken zu versehen.

Vorstoß nach Rückschlägen

Die Informationen basieren auf Interviews mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Weißen Haus, der Regierung und Behörden, die die Reporterin und der Reporter der "New York Times" im März geführt haben. Zu jenem Zeitpunkt war Donald Trump mit seinem Vorstoß gescheitert, Asylwerber per Verfügung für die Dauer des Verfahrens nach Mexiko zurückzubringen. Ein Bundesrichter aus Kalifornien kassierte die Anordnung, was Trump bitterlich beklagte. Er bezeichnete es als "Schande" und "lächerlich", dass Migranten aus Lateinamerika in den USA einen Asylantrag stellen könnten.

Seither musste der Präsident weitere juristische Rückschläge für seine strikte Einwanderungspolitik hinnehmen, zuletzt wieder Ende September. Eine Bundesrichterin in Washington untersagte der Regierung vorläufig, eine Regelung zur Abschiebung von illegal Eingewanderten ohne Gerichtsanhörung deutlich auszuweiten. Diese sah ursprünglich vor, dass Migranten, die binnen 14 Tagen nach ihrer illegalen Einreise in die USA höchstens hundert Kilometer von der Grenze entfernt aufgegriffen werden, ohne Gerichtsanhörung abgeschoben werden können. Zudem durchkreuzte noch am selben Tag ein kalifornisches Bundesgericht den Plan der Regierung, die unbegrenzte Inhaftierung illegal eingewanderter Kinder zu ermöglichen.

Extreme Vorschläge

Die Rückschläge hätten den Präsidenten derart verärgert, dass dieser dringend nach Lösungen, "eine extremer als die andere", gesucht habe, schreiben Michael D. Shear und Julie Hirschfeld Davis in den vorveröffentlichten Buchpassagen. Die beiden zitieren unter anderem Thomas D. Homan, der im März als Direktor der Einwanderungs- und Zollbehörde fungierte: "Der Präsident war frustriert und wollte meiner Meinung nach den Moment für einen neuen Anlauf nutzen."

Das von der Journalistin und dem Journalisten beschriebene Meeting im März hätte zwei Stunden anstatt wie geplant 30 Minuten gedauert, da sämtliche Seiten – anwesend waren eine Reihe Angehöriger der Regierung – versucht hätten, den Präsidenten von seinen Ideen abzubringen. Trump, der den Kampf gegen die illegale Einwanderung zu seinem zentralen Versprechen erkoren hatte, habe getobt: "Ihr lasst mich wie einen Idioten dastehen", habe der Präsident seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angefahren. "Das ist mein Leibthema."

Tatsächliche Maßnahmen

Der Großteil der von der "New York Times" kolportierten Ideen fand keine Umsetzung. Die Regierung griff allerdings auf eine Reihe anderer Maßnahmen zurück, um die Flüchtlingsaufnahme drastisch zu begrenzen. So beauftragte er seither etwa einen personellen Umbau des für den Grenzschutz zuständigen Heimatschutzministeriums: Anfang April reichte die zuständige Ministerin Kirstjen Nielsen – offenbar auf Druck des Präsidenten – ihren Rücktritt ein. Trump soll sich zuvor wiederholt unzufrieden über ihre Arbeit geäußert und der Ministerin mangelnde Härte vorgeworfen haben.

Anfang September gab das US-Verteidigungsministerium zudem weitere 3,6 Milliarden Dollar (3,3 Milliarden Euro) für das von Trump angestrebte Mauer-Bollwerk frei. Damit solle ein Mauerabschnitt von 280 Kilometern Länge finanziert werden. Und zuletzt gab die amerikanische Regierung bekannt, die ohnehin schon historisch niedrige Grenze für die Aufnahme neuer Flüchtlinge abermals senken zu wollen: Im Wirtschaftsjahr 2020 – das von Oktober 2019 bis September 2020 läuft – sollen höchstens 18.000 Menschen ins Land gelassen werden. Im nun schon fast abgelaufenen Wirtschaftsjahr liegt die Grenze bei 30.000 Flüchtlingen. (Anna Giulia Fink, 2.10.2019)