Der wunderbare Schweizer Schwermelancholiker Dagobert gastiert am Sonntag im Flex.

Foto: Buback

FREITAG, 4.10.

Gewalt – Schauspielhaus, 20 Uhr

Die Wiener Schule für Dichtung widmet am Freitag und am Samstag ihr jährliches Festival den Zeitphänomenen Wut und Zorn. Unter dem Motto "Gebenedeit sei die Wut deines Leibes" setzt es neben Lesungen, Lectures und Performances, unter anderem von und mit Oswald Wiener (!!!), Stefanie Sargnagel oder Lydia Haider, auch ein Konzert. Das Berliner Trio Gewalt um das heisere Brülltier Patrick Wagner wird mit Krachern wie "Guter Junge, Böser Junge", "Szenen einer Ehe" oder "Wir sind sicher" auf das Publikum einprügeln. Einen Nachschlag von Gewalt wird es übrigens am 12.10. im Wiener Grill X geben.

Gewalt - Topic

SAMSTAG, 5.10.

HGich.T & Acid Aftershow – Simm City, 20 Uhr

Das Hamburger Kollektiv muss man sich als in jeder Hinsicht radikalere Version von Deichkind vorstellen. Mit dem aus dem Jahr 2010 stammenden Debütalbum "Mein Hobby: Arschloch" und Nachfolgern wie "Lecko Grande" und aktuell "Jeder ist eine Schmetterlingin" zeigt man musikalischen Konventionen oder sittlichem Anstand konsequent den Mittelfinger. Es klingt, als ob man LSD-Hooligans losgelassen hätte, die nun mit diversem Playstation-Schrott eine Elektroband gegründet hätten. Jenseits, aber wenn man es aushält: gut.

HGich.T

SONNTAG, 6.10.

1. Soulside – Chelsea, 21 Uhr

Gitarrist Scott McCloud und seine Band Soulside zählten bis Ende der 1980er-Jahre neben ihren Kollegen Fugazi zu den herausragenden Kräften im Genre des US-Post-Hardcore. Vor allem ihr herausragendes Album "Hot Bodi-Gram" sowie ein ebenso atemberaubender wie akrobatischer Boxentürme-Kletter- und Stagediving-Auftritt in der Wiener Arena sind in Erinnerung geblieben. 1989 wechselten drei Musiker des Quartetts in die ebenfalls warm und heavy und auch funky agierende Nachfolgeband Girls Against Boys und noch später in die Formation New Wet Kojak über. 30 Jahre nach dem Ende von Soulside treten die reformierten Soulside nun wieder mit einer kleinen Europatournee auf den Plan. Zum Gig im Chelsea muss Scott McCloud nicht weit fahren. Er wohnt seit Jahren in Wien. Im Vorprogramm die ebenfalls reformierten Linzer Hardcore-Opis Target of Demand um Rainer Krispel.

meltingwax

2. Dagobert – Flex-Café, 20 Uhr

Der Schweizer Schwerromantiker Dagobert ist ein Mann, der im Segment deutscher Pop unter besonderer Berücksichtigung eines Schlagers mit Niveau völlig ohne Ironie Herzblut vergießt. Zwischendurch blickt er auch einmal Richtung Chanson oder Eighties- und New-Wave-Disco. Trotzdem überwiegen Melancholie und Krokodilstränen. Das aktuelle Album titelt "Welt ohne Zeit". Man sollte es sich anhören.

DAGOBERT

3. Stereo Total – Fluc, 21 Uhr

Françoise Cactus und ihr musikalischer Partner Brezel komponieren seit den 1990er-Jahren rumpelige und grob zusammengenietete Elektro-Chansons, eingespielt auf teilweise aus den Spielzeuggeschäften der 1970er-Jahre stammenden "Instrumenten". Dabei behält man immer auch die französische Beat- und Popmusik der 1960er-Jahre im Auge und weiß, wie man New Wave richtig buchstabiert. Der Gesang von Frau Cactus ist meist in deutscher Sprache mit überaus kräftigem französischem Akzent gehalten. Den Hit "Liebe zu dritt" kennt der gesamte Bezirk Wien-Neubau auswendig.

StereoTotal100

MONTAG. 7.10.

Martin Dean – Grill X, 21 Uhr

Der Berliner Crooner mit der tiefen Stimme und dem originellen Künstlernamen veröffentlichte 2005 mit seinem Debütalbum "Best of" eine gelungene Mischung aus Songwriting der Schule Nick Cave, Ausflügen Richtung Hotelbar in "Twin Peaks" und Las-Vegas-Entertainment aus dem dritten Hinterhof links. Frank Sinatra und natürlich Dean Martin lassen grüßen. Er selbst nennt seinen Stil "Space Age Gospel". Die Songs titeln "Ring My Hell", "Coke For All" oder "Spacelord Motherfucker". Die aus dem Umfeld der Einstürzenden Neubauten oder Nick Caves während seiner Berliner Zeit kommenden Musiker stecken in speckigen Anzügen mit antiken Schnitten aus den 1970er-Jahren. Irgendwie möchte man sich sofort drei Zigaretten anzünden und Sodbrand noch vor dem fünften Whiskey Sour bekommen.

Yoyo Röhm

(Christian Schachinger, 3.10.2019)