Die Kinder befanden sich zuletzt im nordsyrischen Lager al-Hol.

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Sie sind die ersten Kinder einer österreichischen Anhängerin des "Islamischen Staats" (IS), die im Kriegsgebiet geborgen wurden und nun nach Österreich kommen. Die beiden Waisen, zwei und dreieinhalb Jahre alt, befinden sich bereits in Obhut der österreichischen Behörden und sind in Wien gelandet. Das bestätigte Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer Mittwochabend auf APA-Anfrage. Nach der Landung wurden die Kinder demnach in eine Heeres-Einrichtung gebracht und abgeschirmt.

Der ORF berichtet über die Ankunft der beiden Kinder.
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Es handelt sich um die Kinder der Wienerin Sabina S., die im April 2014 als damals 15-Jährige verschwand, um nach eigenen Angaben in Syrien zu kämpfen. Laut den Informationen, die dem Außenministerium vorliegen, ist Sabina S. "mutmaßlich tot".

DNA-Test

Nachdem das Verwandtschaftsverhältnis per DNA-Test bestätigt wurde, sprach ein österreichisches Gericht bereits im Vorfeld den Großeltern das Sorgerecht zu und ebnete somit die Reise der beiden Waisen nach Österreich.

Wesentlich an der Herstellung des Kontakts beteiligt war der Politologe Thomas Schmidinger, der gemeinsam mit der Großmutter in das kurdische Lager Al-Hol reiste, in dem die Kinder lebten. "Mithilfe der Kurden, im speziellen der Frauenverteidigungseinheiten, konnten wir die Kinder ausfindig machen", sagte Schmidinger dem STANDARD. Eine Handvoll Kinder, die höchstwahrscheinlich ebenfalls österreichische Staatsbürger sind, dürften sich noch in dem Gebiet befinden.

Weitere Kinder

Diese Angaben werden vom Außenministerium bestätigt. Neben den beiden Waisen handelt es sich einerseits um die Salzburgerin Maria G., die mit ihren beiden Kleinkindern noch festsitzt. Laut Ministerium wird dieser Fall hinsichtlich einer Rückholung derzeit geprüft, konkret stehe noch ein DNA-Test an. Das Gleiche betrifft den Fall einer Wienerin mit ihrem Kleinkind.

Da in diesen beiden Fällen die Mütter noch leben, sind sie heikler, da es nicht nur um die Kinder, sondern auch um die Rückkehr der beiden freiwillig für den IS in den Krieg gezogenen Frauen geht. Ob man nur die Rückkehr der Kinder oder auch jene der Mütter in Betracht zieht, darüber hält sich das Außenministerium bedeckt.

Kindeswohl

Experten betonten bereits vor Monaten, dass sie eine alleinige Rückholung der Kinder für kein realistisches Szenario halten. Zum einen, weil die Mütter ihre Kinder nicht freiwillig hergeben würden. Zum anderen, weil die Kurden nur "Paketlösungen" zustimmen würden, um nicht auf den harten Fällen sitzen zu bleiben.

Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft ist in Kontakt mit den betroffenen Familien. Jugendanwalt Ercan Nik Nafs sieht eine "erfreuliche Entwicklung" in der Rückholung der beiden Waisenkinder und drängt gleichzeitig darauf, auch die anderen Kinder so rasch wie möglich zurückzuholen.

Wären die Frauen mit ihren Kindern wieder in Österreich, würde sie unter anderem vermutlich eine Prüfung wegen möglicher Kindeswohlgefährdung erwarten. Einen vergleichbaren Fall gab es bereits 2016 in Graz: Zwei österreichische Ehepaare wurden verhaftet, nachdem sie zuvor mit acht Kindern nach Syrien ausgereist waren. Wieder in Österreich, kamen drei Kinder bei einer Pflegefamilie unter und fünf bei einer Tante.

Mit der Oma nach Frankfurt

In Deutschland wurden im August die ersten Kinder von IS-Kämpfern ins Land geholt. Drei Kinder flogen in Begleitung ihrer Großmutter vom irakischen Erbil nach Frankfurt. Eine Rückkehr von deutschen IS-Kämpfern wird von der Regierung aber abgelehnt.

Frankreich ist grundsätzlich gegen eine Aufnahme französischer Jihadisten und ihrer Angehörigen. Kindern wird in Einzelfällen aber die Einreise ermöglicht. So konnten Mitte März fünf Waisen aus Syrien nach Frankreich gebracht werden. (Vanessa Gaigg, Kim Son Hoang, APA, 2.10.2019)