Sechs mutmaßliche Jihadisten müssen sich am Grazer Straflandesgericht wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verantworten.

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Graz – Der Prozess gegen sechs mutmaßliche Jihadisten am Grazer Straflandesgericht wurde am Mittwoch fortgesetzt. Den Angeklagten, unter ihnen ein 47-jähriger mutmaßlicher Haßprediger, wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben, einigen wird auch die Bildung einer staatsfeindlichen Organisation zur Last gelegt. Am fünften Verhandlungstag wurde mit der Befragung der Zeugen begonnen. Die Beschuldigten haben offenbar große Erinnerungslücken.

Zeugen wollen Aussage verweigern

Bei den ersten Zeugen handelte es sich um Männer, die in einem radikalen Grazer Glaubensverein tätig gewesen waren. "Ich möchte mich auf mein Recht berufen, die Aussage zu verweigern", waren die ersten Worte jenes Zeugen, der Obmann in dem mittlerweile aufgelösten Verein war. Die Richterin erklärte ihm, dass das so pauschal nicht möglich sei, sondern nur dann, wenn er sich selbst belasten würde. Als auch alle anderen Zeugen die Aussagen verweigern wollten, erklärte die Richterin: "Das geht nicht. Und das können Sie jetzt in Ihre Whatsapp-Gruppe stellen für die Zeugen in den nächsten Tagen."

Der Angeklagte gab zu, der Obmann des Grazer Glaubensvereins gewesen zu sein. Erinnern konnte er sich aber an kaum etwas. Einige Vereinsmitglieder sollen als Kämpfer nach Syrien zur Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) gegangen sein, von ihrem Verbleib ist teilweise nichts bekannt. "Wissen Sie, ob die getötet wurden?", wollte der Staatsanwalt wissen. "Ich mache keine Aussage über Menschen, die nach Syrien gegangen sind", wehrte der Zeuge ab.

Auch der nächste Zeuge war im Vorstand des Grazer Vereins gewesen, konnte sich aber auch nicht an das Schicksal von Mitgliedern und deren Angehörigen erinnern. "Ist Ihnen bekannt, dass sich 13 Mitglieder dem IS angeschlossen haben und neun weitere es versucht haben?", hakte der Ankläger nach. "Nein, das ist mir nicht bekannt."

"Die Feinde sind Ungläubige"

Dem Erstbeschuldigten wird vorgeworfen, als Prediger in einem Linzer Glaubensverein junge Männer radikalisiert zu haben. Es soll laut Anklage einen regen Kontakt zwischen den Vereinen gegeben haben. Doch vor Gericht wollten die Zeugen nicht einmal den populären Prediger wiedererkennen.

Nach der Befragung der Zeugen nahm jedes Mal der angeklagte Prediger zu den Aussagen Stellung. Er wurde mit Aussagen und Schriften konfrontiert, die bei anderen Beschuldigten gefunden wurden und von ihm stammen sollen. Das leugnete er vehement.

"Stimmen wir überein, dass es die Pflicht jedes Muslimen ist, die Ungläubigen zu bekämpfen?", fragte der Staatsanwalt. "Ja", sagte der Prediger. "Ich bin kein Muslim, also der Feind. Warum wollen Sie mich bekämpfen?", setzte der Ankläger fort. "Ich schäme mich jedes Mal, wenn man mir diese Frage stellt. Jeder Mensch hat fünf heilige Dinge ..." – "Ja, das wissen wir schon", unterbrach ihn die beisitzende Richterin und seufzte: "Es ist nicht ganz einfach mit Ihnen. Also, wer sind die Feinde?" – "Die Feinde sind die Ungläubigen, die uns hassen und uns hinausschmeißen wollen", antwortete der Angeklagte.

Später kam es zur Frage, wann das Abschneiden des Kopfes erlaubt sei. "Im Krieg", meinte der Erstangeklagte. "Bei uns ist das nicht so, auch nicht im Krieg", widersprach die Richterin. "Oder wenn ein Gericht das verfügt hat", machte der Beschuldigte seine Sicht der Dinge deutlich. Der Prozess wird mit weiteren Zeugen am 8. Oktober fortgesetzt. (APA, 2.10.2019)