Sony, Sega, Warner und andere Games-Größen sollen fleißig vom VGTR Gebrauch gemacht haben.

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Mit der Einführung die "Video Games Tax Relief" (VGTR, "Steuererleichterung für Videospiele") wollte die britische Regierung eigentlich kleineren, einheimischen Studios unter die Arme greifen. Die Regelung ermöglichte es ihnen, bis zu 20 Prozent verschiedener Rechnungsposten mit ihren Steuern gegenzurechnen. Gleichzeitig gab es auch Ausschüttungen für Titel, die gemäß eines Bewertungsschemas britische Kunst und Kultur nach Außen trugen.

Doch die Profiteure dieses Programms waren andere, ist nun durch eine Recherche des Guardian bekannt geworden. Laut dem Bericht waren es vor allem große Player der Industrie, die hierüber Kosten gesenkt haben. Schwere Vorwürfe gibt es etwa gegen Warner, Sega und den Konsolenriesen Sony.

Löwenanteil ging an große Firmen

Sony soll sich so rund 30 Millionen Pfund (rund 33,7 Millionen Euro) gespart haben. Sega kommt auf etwa 20 Millionen Pfund (22,5 Millionen Euro). Spitzenreiter ist Warner Media mit 60 Millionen Pfund (67,4 Millionen Euro). Der Großteil der Erleichterungen ging an Firmen, die ihren Hauptsitz gar nicht in Großbritannien haben. Warner Media residiert in New York, Sega und Sony in Tokio. Unter den größeren Einzelansuchen über jeweils 500.000 Pfund oder mehr befinden sich ausschließend große Publisher.

Die Mehrheit der gewährten Auszahlungen gingen zwar an kleinere Studios. Doch die Branchenriesen vereinen 80 Prozent der Gesamtsumme von 324 Millionen Pfund (rund 364,3 Millionen Euro) auf sich. Es ist nicht das erste Mal, dass Games-Multis dabei erwischt werden, sich am VGTR bedient zu haben. Im Juli entdeckte der Thinktank Taxwatch, dass Grand Theft Auto-Hersteller Rockstar Games daraus 42 Millionen Pfund (47,2 Millionen Euro) erhalten und seit gut zehn Jahren faktisch keine Körperschaftssteuer mehr bezahlt hat. Die Belastung für das Budget für VGTR liegt mit rund 100 Millionen Pfund mittlerweile beim Dreifachen der ursprünglichen Prognose der Regierung.

Wichtige Stütze für kleine Studios

Laut dem Bericht ist der seit 2014 bestehende VGTR für viele kleine Entwickler lebenswichtig, auch wenn schon damals vor möglichem Missbrauch gewarnt wurde. Vor der Einführung führte die Europäische Kommission deswegen sogar eine Untersuchung durch. Nach Zusicherungen, dass diese Förderungen nur für "eine kleine Zahl unverwechselbarer, kultureller Spiele aus Großbritannien" ausgeschüttet würden, genehmigte man das Programm schließlich.

Bei Taxwatch sieht man es mittlerweile als "Cashcow für große, steuervermeidende multinationale Konzerne." Der Verband der Videospielbranche, Ukie, betont hingegen die Wichtigkeit der Förderungen und sagt, dass man Mitgliedsunternehmen jeder Größenordnung dazu einlade, sich dafür zu bewerben.

Laxe Kriterien

Infrage gestellt werden nun auch die Kriterien, nach denen Spiele über den VGTR gefördert werden. Denn diese dürften nicht sehr streng sein. Laut dem Bericht konnten etwa Spiele wie Batman: Arkham ausreichend Punkte sammeln, um sich zu qualifizieren, obwohl diese in einem erfundenen Universum spielen und keine klaren Referenzen an die britische oder europäische Kultur mitbringen. Punkte gibt es offenbar bereit schon dafür, ein Game in englischer Sprache bereit zu bestellen oder Büros im gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraum zu betreiben.

Die Umwegrentabilität des VGTR ist, wie bei allen Steuererleichterungen dieser Art, umstritten. Eine vom British Film Institute 2018 in Auftrag gegebene Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass für jeden Euro, der ausgeschüttet wird, vier Euro durch Arbeitsplätze und andere ökonomische "Überlaufeffekte" erzeugt werden. (gpi, 02.10.2019)