All jene, die seit Sonntag hoch erregt mögliche Vorbedingungen möglicher Regierungskoalitionen diskutieren (Muss sich Sigi Maurer von August Wöginger adoptieren lassen? Sollten Hannes Androsch oder Alfred Gusenbauer vorher an die ÖVP spenden, damit die SPÖ mehr als das Sportministerium bekommt? Hat Norbert Hofer noch eine Chance, wenn er sich Sebastian Kurz als Nackt-Putz-Boy mit Zahnbürste andient?), übersehen, dass zuvor eine noch grundsätzlichere Frage zu klären ist: Kann man Kurz nach der für ihn zutiefst kränkenden, per Misstrauensantrag erfolgten Abwahl wieder mit dem Parlament versöhnen?

Die Richtung für Sebastian Kurz stimmt.
Foto: Matthias Cremer

Gemeinsam mit Thomas Maurer und Robert Palfrader habe ich Lösungsszenarien für dieses heikle Unterfangen entwickelt.

Eine b'soffene G'schicht

Als Erstes müsste sich das Parlament einmal entschuldigen. In einer gemeinsamen Erklärung aller Abgeordneten könnten diese bekennen, dass der Misstrauensantrag eine b'soffene G'schicht war, typisch alkoholbedingtes Macho-Gehabe, mit dem sie prahlerisch wie Teenager die attraktive Frau Rendi-Wagner beeindrucken wollten. Sollte dieses Schuldeingeständnis für Kurz nicht ausreichen, steht ihnen immer noch offen, als Zeichen ihres guten Willens kollektiv zurückzutreten. Das Parlament würde sich in Folge auflösen, und Kurz müsste sich künftig nicht mehr sorgen, dass launisch sprunghafte Abgeordnete die von ihm ersehnte Stabilität gefährden.

Als Alternative zu einem per se zur Unbeständigkeit tendierenden Parlament böte sich die Schaffung eines verlässlicheren Gremiums an. Beispielsweise eines Senats. Dieser könnte die Strukturen eines von privaten Spendern unterstützten Vereins haben, in dem verantwortungsbewusste Bürger und Bürgerinnen wie Gaston Glock, René Benko, Dietrich Mateschitz oder Heidi Horten einen Sitz erwerben können. Als Tagungsort könnte das neue Novomatic-Forum (direkt an der Wiener Ringstraße, hinter dem Pallas-Athene-Brunnen) dienen. Sebastian Kurz würde dort das Amt eines Imperators übernehmen. In dieser Funktion könnte er seinen Weg der Veränderung kompromissloser als bisher fortsetzen und bräuchte sich auch nicht um das Auftauchen eines Brutus sorgen, denn er würde es zweifelsohne merken, wenn sich Gernot Blümel von hinten anschliche. Sogar, wenn dieser in Socken käme.

Alttestamentarischer Prophet

Sollte Kurz auch das zu wenig sein, bliebe nurmehr seine offizielle Anerkennung als alttestamentarischer Prophet. Dafür spräche, dass er das Volk von den sieben sozialistischen Plagen befreit hat (Kreisky, Sinowatz, Vranitzky, Klima, Gusenbauer, Faymann und Kern) und, laut dem Buch Salomon (Martina), das Rote Meer in Bobo- und Außen-Bezirke geteilt hat, woraufhin das Rote Meer in sich selbst ertrank. Die Aufgabe, sein Volk ins gelobte Land zu führen, würde für ihn auch kein Problem darstellen, da sich in seinem Selbstverständnis das gelobte Land immer genau dort befindet, wo er gerade ist.

Und besagtes Volk kann dann zur Frage des richtigen Umgangs mit dem Phänomen Sebastian Kurz in der Bibel nachlesen: "Wer es fassen kann, der fasse es."

"Wir Staatskünstler – Jetzt erst recht!", ab 3. 10. im Wiener Rabenhof-Theater.

(Florian Scheuba, 3.10.2019)